Besonders leichter Fall


BGE 1C_577/2018:

Der Beschwerdeführer musste ausserorts einem Fahrzeug ausweichen, das rückwärts auf die Strasse fuhr. Zunächst gelang es ihm, nach rechts auszuweichen, durch die nachfolgenden Lenkbewegungen geriet er aber ins Schleudern. Dafür wurde er im Strafverfahren mit Busse von CHF 100.00 wegen Nichtbeherrschen verurteilt. Er wehrt sich gegen die Annahme einer leichten Widerhandlung, aufgrund welcher kaskadenbedingt ein einmonatiger Ausweisentzug ausgesprochen wurde.

E. 2 zum Nichtbeherrschen: Das BGer bestätigt seine Rechtsprechung, dass man in Gefahrensituationen keine allzugrossen Anforderungen an Autofahrer stellen darf. Wer blitzschnelle Entscheidungen treffen muss, weil z.B. ein Tier auf die Strasse rennt, muss sich rückblickend nicht vorhalten lassen, dass eine anderes Verhalten besser gewesen wäre, es sei denn diese Lösung hätte sich geradezu aufgezwungen (E. 2.2). Die Vorinstanz erachtete das erste Ausweichen als adäquat, die folgenden Lenkbewegungen allerdings qualifizierte es als Nichtbeherrschen, was vom BGer bestätigt wird.

E. 3.1 zur bes. leichten Widerhandlung: Diese liegt vor, wenn die Gefährdung des Strassenverkehrs besonders leicht war und das Verschulden des Lenkers besonders vernachlässigbar ist. Eine Widerhandlung ist m.a.W. besonders leicht, wenn sie vom Gefährdungspotential mit den Tatbeständen der Ordnungsbussenverordnung vergleichbar sind. Die besonders leichte Widerhandlung generell und schematisch nach der Bussenhöhe anzunehmen, dafür gibt es keine gesetzliche Grundlage. Art. 16a Abs. 4 SVG entspricht prinzipiell Art. 100 Ziff. 1 Abs. 2 SVG. Der dort geregelte besonders leichte Fall wird allerdings nicht schon generell angewendet, wenn eine Straftat als nichtig erscheint. Falschparkieren wird ja auch bestraft. Der besonders leichte Fall ist ein Bagatellfall, dessen Bestrafung als „schockierend“ angesehen werden müsste (E. 3.1). Den Behörden steht bei der Beurteilung der Widerhandlungsschwere eine grosses Ermessen zu. Dieses wurde vorliegend mit der Annahme einer leichten Widerhandlung nicht verletzt (E. 3.2).

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