BGE 6B_1467/2019: Das widerrechtliche Vorschriftssignal
Der Beschwerdeführer ist innerorts 30km/h zu schnell gefahren. Er wendet sich gegen die Geldstrafe u.a. mit dem Argument, dass die Tempotafel nicht nach den Vorgaben der SSV aufgestellt wurde. Obwohl das BGer ihm zustimmt, weist es die Beschwerde ab.
Art. 27 SVG schreibt vor, dass Signale beachtet werden müssen. Nach der Rechtsprechung gilt diese Pflicht zur Befolgung von Signalen und Markierungen grundsätzlich unabhängig von der Anfechtbarkeit und allenfalls erfolgten Anfechtung der zugrunde liegenden Verfügung. Signale und Markierungen richten sich an eine Vielzahl von Strassenbenutzern. Diese müssen sich auf die Verkehrszeichen verlassen können. Eine allfällige Rechtswidrigkeit eines solchen Zeichens ist meist nicht erkennbar. Auch nicht gesetzeskonforme Geschwindigkeitsbeschränkungen sind daher in der Regel zu beachten. Die Verbindlichkeit vertrauensbegründender Verkehrszeichen findet ihre Grenze bei nichtigen Anordnungen. Nichtigkeit wird angenommen bei Anordnungen, deren Mangelhaftigkeit besonders schwer wiegt und offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist. Signale vermögen Fahrzeuglenker nur zu verpflichten, wenn sie so aufgestellt sind, dass sie leicht und rechtzeitig erkannt werden können. Dabei ist als Massstab ein Fahrzeuglenker zu Grunde zu legen, der dem Strassenverkehr die notwendige und von ihm vernünftigerweise zu erwartende Aufmerksamkeit widmet. Fahrzeuglenker sind nicht gehalten, nach unzulässigerweise fernab von der Fahrbahn aufgestellten Signalen Ausschau zu halten. Signale haben gemäss Art. 103 SSV grds. am rechten Strassenrand zu stehen (E. 2.2.3).
Das BGer stimmt dem Beschwerdeführer darin zu, dass die Tafel entgegen den Regeln von Art. 103 SSV ohne ersichtlichen Grund auf der linken Strassenseite steht. Der Schild ist aber deshalb nicht unbeachtlich. Es ist auch von weitem erkennbar. Der Beschwerdeführer musste sich an das Tempolimit halten, auch wenn das Schild auf der falschen Strassenseite steht.