BGE 1C_263/2019 und 1C_264/2019:
Die Beschwerdeführer sind Bergbauern und bewirtschafteten die Alp „Uf Garti“ bei Frutigen. Um Auf die Alp zu gelangen, verwendeten die Beschwerdeführer und wohl weitere Bergbauer nicht immatrikulierte Motorräder ohne MFH und teils mit typenfremden Fahrzeugteilen. Beide Beschwerdeführer besitzen keinen Motorradführerschein. Zumindest der Beginn des Weges führt noch über eine öffentliche Strasse. Die Beschwerdeführer wurden vom Regionalgericht u.a. wegen Fahren ohne Berechtigung, Fahren ohne MFH und Führen eines nicht vorschriftsgemässen Fahrzeuges verurteilt. Unter Annahme eines bes. leichten Falles nach Art. 100 Ziff. 1. SVG sah es aber von einer Bestrafung ab.
Das StVA BE entzog den Beschwerdeführern unter Annahme einer mittelschweren Widerhandlung die Fahrberechtigung für einen Monat. Die Beschwerdeführer stellen sich auf den Standpunkt, dass die Massnahme dem Strafurteil widerspricht und ein besonders leichter Fall nach Art. 16a Abs. 4 SVG anzunehmen sei. Zudem seien sie gutgläubig davon ausgegangen, ein landwirtschaftliches Fahrzeug zu lenken. Das BGer weist die Beschwerden ab.
An die Tatsachenfeststellungen der Strafbehörde ist das Strassenverkehrsamt i.d.R. gebunden. In der rechtlichen Würdigung ist es hingegen frei – namentlich auch der Würdigung des Verschuldens. Der Warnungsentzug ist eine der Strafe ähnliche, aber von ihr unabhängige Verwaltungsmassnahme mit präventivem Charakter, die primär die Erziehung des fehlbaren Fahrzeuglenkers im Interesse der Verkehrssicherheit und nicht dessen Bestrafung bezweckt, auch wenn sie mitunter vom Betroffenen als Strafe empfunden wird. Die straf- und die verwaltungsrechtliche Beurteilung der Schwere eines strassenverkehrsrechtlich massgeblichen Fehlverhaltens müssen sich daher nicht zwingend decken (E. 3.2).
Gemäss Art. 16b Abs. lit. c SVG ist das Führen eines Motorfahrzeuges ohne entsprechende Kategorie eine mittelschwere Widerhandlung. Da noch weitere Delikte hinzukommen, erachtet das BGer die Massnahmedauer von einem Monat als milde. Motorräder sind nach Ansicht des BGer offensichtlich keine landwirtschaftlichen Fahrzeuge und es erachtet die gegenteiligen Vorbringen der Beschwerdeführer als Ausreden. Hinzukommt, dass die Polizei den Alptransport mit der Alpgenossenschaft bereits thematisierte und sich die Beschwerdeführer des widerrechtlichen Verhaltens wohl bewusst waren (E. 3.3).
Der Entscheid ist interessant, weil das Bundesgericht auch schon ausgeführt hat, dass der verwaltungs- und strafrechtliche bes. leichte Fall deckungsgleich sind. Allerdings bedarf es immer einer Einzelfallbeurteilung (vgl. BGE 1C_577/2018 E. 3). Vorliegend gibt es aber entgegen dem Grundsatz „Einheit der Rechtsordnung“ zwei unterschiedliche Beurteilungen, was für die Bergbauern wohl nicht nachvollziehbar ist.
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