Strassenverkehrsrecht heisst immer auch Straf(prozess)recht, weshalb wir hier auch erlesene StPO-Entscheide bringen. In BGE 6B_732/2019 heisst das BGer eine Beschwerde gut, weil die Staatsanwaltschaft dem Beschwerdeführer zu Unrecht die Verfahrenskosten auferlegt hat, obwohl das Strafverfahren eingestellt wurde.
Dem Beschwerdeführer wurde eine Nötigung vorgeworfen, weil er vor das neue Zuhause seiner getrennt lebenden Frau Gerümpel und Esswaren deponiert hat, welches diese zumindest teilweise beim Auszug zurückgelassen hat. Das Strafverfahren wurde eingestellt, die Verfahrenskosten ihm aber auferlegt.
Wird die beschuldigte Person verurteil, trägt sie die Verfahrenskosten (Art. 426 Abs. 1 StPO), andernfalls trägt der Staat die Verfahrenskosten (Art. 423 StPO). Die Kosten und auch die Entschädigung können aber trotz Einstellung/Freispruch der beschuldigten Person auferlegt werden, wenn sie die Durchführung des Verfahrens schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder die Durchführung des Verfahrens erschwert hat (Art. 426 Abs. 2 bzw. 430 Abs. 1 StPO).
Nach der Rechtsprechung verstösst eine Kostenauflage bei Freispruch oder Einstellung des Verfahrens gegen die Unschuldsvermutung (Art. 10 Abs. 1 StPO, Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK), wenn der beschuldigten Person in der Begründung des Kostenentscheids direkt oder indirekt vorgeworfen wird, es treffe sie ein strafrechtliches Verschulden. Damit käme die Kostenauflage einer Verdachtsstrafe gleich. Dagegen ist es mit Verfassung und Konvention vereinbar, einer nicht verurteilten beschuldigten Person die Kosten zu überbinden, wenn sie in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise, d.h. im Sinne einer analogen Anwendung der sich aus Art. 41 OR ergebenden Grundsätze, eine geschriebene oder ungeschriebene Verhaltensnorm, die sich aus der Gesamtheit der schweizerischen Rechtsordnung ergeben kann, klar verletzt und dadurch das Strafverfahren veranlasst oder dessen Durchführung erschwert hat. In tatsächlicher Hinsicht darf sich die Kostenauflage nur auf unbestrittene oder bereits klar nachgewiesene Umstände stützen. Das Verhalten einer angeschuldigten Person ist widerrechtlich, wenn es klar gegen Normen der Rechtsordnung verstösst, die sie direkt oder indirekt zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen verpflichten (vgl. Art. 41 Abs. 1 OR). Vorausgesetzt sind regelmässig qualifiziert rechtswidrige, rechtsgenüglich nachgewiesene Verstösse. Die Verfahrenskosten müssen mit dem zivilrechtlich vorwerfbaren Verhalten in einem adäquat-kausalen Zusammenhang stehen (E. 1.1.2).
Die Vorinstanz war der Meinung, dass das Verhalten des Beschwerdeführers widerrechtlich war, weil grds. jeder seinen eigenen Müll entsorgen muss und die Sachen seiner Ehefrau hätten gestohlen werden können (E. 1.2).
Das BGer widerspricht dieser Ansicht, denn da die Sachen bzw. der Müll auch der Ehefrau gehörten, wäre sie ebenfalls zur Entsorgung verpflichtet, weshalb ihr daraus kein Schaden entsteht. Insofern kann auch nicht von einem qualifizierten Verstoss gesprochen werden. Da die Ehefrau beim Auszug ihre Sachen grds. zurückliess und sich monatelang nicht um ihre Dinge kümmerte, blieb dem Beschwerdeführer kaum eine andere Lösung übrig. Hätte er die Dinge einfach weggeworfen, hätte er sich vorwerfen lassen müssen, gemeinschaftliches Eigentum vernichtet zu haben. Zudem soll die Kostenauflage bei Einstellung/Freispruch eine Ausnahme bleiben (E. 1.3.2).
Das BGer heisst die Beschwerde gut.