Massnahmedauer nach Auslandstat

Urteil 1C_405/2021: Verhältnis von Art. 16 Abs. 3 zu Art. 16cbis SVG

Dieser Entscheid befasst sich mit der interessanten Frage, in welchem Verhältnis die Regeln der lex specialis von Art. 16cbis SVG zu den allgemeinen Regeln von Art. 16 Abs. 3 SVG stehen, wenn es um die Frage der Festlegung der Massnahmedauer geht.

Der Beschwerdeführer überschritt im Oktober 2019 in Deutschland auf der Autobahn die Höchstgeschwindigkeit von 60km/h um netto 41km/h. Er wurde dafür mit einem Bussgeld von EUR 160.00 – wir nehmen das aus Schweizer Sicht staunend zur Kenntnis – und einem Fahrverbot von einem Monat sanktioniert. Das Strassenverkehrsamt des Kt. BE entzog den Führerausweis daraufhin für 12 Monate wegen einer schweren Widerhandlung. Der Beschwerdeführer ist mit einer schweren Widerhandlung vorbelastet.

Bei der Festlegung der Dauer des Führerausweis-Entzugs werden grundsätzlich die Vorschriften für Inlandtaten angewendet, solange sich aus Art. 16cbis SVG nichts anderes ergibt. Art. 16cbis SVG geht nämlich als lex specialis den Regeln von Art. 16 Abs. 3 SVG vor, insbesondere die Regel, wonach die Auswirkungen des ausländischen Fahrverbots zu beachten sind und die Mindestentzugsdauer unterschritten werden darf. Der Beschwerdeführer stellt sich nun auf den Standpunkt, dass die Mindestentzugsdauer nicht nur wegen den Auswirkungen des ausländischen Fahrverbotes unterschritten werden kann, sondern dass dafür generell die allgemeinen Regeln von Art. 16 Abs. 3 SVG massgeblich sein müssen.

Die Sätze 1 und 2 von Art. 16cbis Abs. 2 SVG bezwecken gemäss den Materialien die Vermeidung einer Doppelbestrafung durch das ausländische Fahrverbot und den inländischen Führerausweis-Entzug. Die Massnahmen sollen in ihrer Gesamtheit schuldangemessen sein, weshalb die Mindestentzugsdauer unterschritten werden kann. Dabei muss berücksichtigt werden, dass man in gewissen Konstellationen vom ausländischen Fahrverbot gar nicht betroffen wird (z.B. nach Ferien in einem weit entfernten Land), in anderen aber schon (z.B. wenn man täglich berufsbedingt in ein Nachbarland fahren muss). Massgeblich sind die Umstände des Einzelfalles (zum Ganzen E. 3.4.1). Das einzige Kriterium zur Beurteilung, ob die Mindestentzugsdauer unterschritten werden kann, ist also die Betroffenheit durch das ausländische Fahrverbot. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers spielen die weiteren Einzelfallumstände dabei keine Rolle (E. 3.4.2).

Schliesslich bestätigt das Bundesgericht die Vorinstanz darin, dass der Beschwerdeführer durch das ausländische Fahrverbot nicht wirklich betroffen ist, weshalb es keine Reduktion der Massnahmedauer gibt.

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