Rücksicht auf schwächere Verkehrsteilnehmer – Part II

Urteil 6B_239/2022: Vorsicht Lotsen (teilw. gutgh. Beschwerde)

Weil es gut zum aktuellen Thema passt, holen wir dieses bereits etwas ältere Urteil aus dem Backlog und fassen es hier auch kurz zusammen.

Der Beschwerdeführer wurde wegen fahrlässiger Körperverletzung veruteilt. Er fuhr am Morgen in Basel auf der Missionsstrasse. Dabei sahr er, wie der Geschädigte auf die Strasse trat, um einen Lieferwagen auf die Strasse zu lotsen. Der Beschwerdeführer passierte den Geschädigten dann mit einer Geschwindigkeit von 30 bis 35 km/h mit so geringem Abstand, dass dessen Bein vom Fahrzeug erfasst wurde. Der Geschädigte stürzte zu Boden und erlitt einen Bruch des Sprunggelenks. Die kantonalen Instanzen hiessen zudem die Zivilforderung des Geschädigten im Grundsatze gut und auferlegten dem Beschwerdeführer eine Haftungsquote von 100%.

Der Geschädigte bringt zunächst vor, dass der Beschwerdeführer bzgl. der zivilrechtlichen Haftungsquote gar kein rechtlich geschütztes Interesse mehr habe, denn dessen Motorhaftpflichtversicherung gab bereits eine Haftungsanerkennung zur vollen Quote ab, aus reiner Kausalhaftung. Auch wenn dem so wäre, hat der Beschwerdeführer nach Ansicht des Bundesgerichts aber trotzdem ein rechtlich geschütztes Interesse an der Behandlung seiner Beschwerde bzgl. den zivilrechtlichen Folgen des Unfalles, auch wenn seine MFH die Haftung zur vollen Quote anerkannte. Es kann nämlich sein, dass die MFH nach der Schadenregulierung gegenüber dem Beschwerdeführer Regressansprüche geltend macht (Art. 65 Abs. 3 SVG i.V.m. Art. 14 Abs. 2 VVG), worauf sich die gerichtlich festgestellte Haftungsquote auswirkt (E. 3.3).

Neben einer Verletzung des Anklageprinzips (E. 4) und einer willkürlichen Sachverhaltsdarstellung (E. 5) rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 125 StGB. Aus seiner Sicht trägt der Geschädigte die Schuld am Unfall bzw. seiner Körperverletzung, denn dieser sei nicht zur Verkehrsregelung berechtigt gewesen, sei grundlos auf die Strasse gestanden und habe sich rückwärts und damit unvorsichtig in den Verkehr hineinbewegt (E. 6.1).

Eine fahrlässige Körperverletzung setzt eine Sorgfaltspflichtsverletzung voraus, die sich im Strassenverkehr nach dem Strassenverkehrsgesetz bemisst. Strafbar ist das Verhalten des Unfallverursachers, wenn dieser den Unfall vorhersehen und insofern vermeiden hätte können. Trägt das Opfer eine Mitschuld am Unfall in Form eines Verhaltens, mit welchem schlicht nicht gerechnet werden muss, kann dies den adäquaten Kausalverlauf unterbrechen (zum Ganzen E. 6.2.2).

Gemäss Art. 34 Abs. 4 SVG ist gegenüber allen Verkehrsteilnehmern ausreichend Abstand zu wahren. Zudem muss man die Geschwindigkeit den Umständen anpassen. Man darf zwar darauf vertrauen, dass sich alle Verkehrsteilnehmer an die Regeln halten. Der Vertrauensgrundsatz gilt allerdings nicht uneingeschränkt (Art. 26 SVG).

Laut der Vorinstanz bemerkte der Beschwerdeführer den Lotsen auf der Strasse und er interpretierte die Situation auch richtig. Tortzdem setzte er seine Fahrt mit 30 bis 35 km/h fort und fuhr am Geschädigten nur mit 50 cm vorbei. Dabei wurde der Geschädigte vom Fahrzeug des Beschwerdeführers erfasst. Der Beschwerdeführer hätte den Unfall ohne weiteres vermeiden können, wenn er gestoppt und das Manöver der Lieferwagen abgewartet hätte oder zumindest sein Tempo massiv reduziert und in grösserem Abstand am Lotsen vorbeigefahren wäre. Eine „eigenverantwortlich gewollte Selbstgefährdung“ des Lotsen, die den Kausalverlauf unterbrechen würde, nahm die Vorinstanz nicht an (E. 6.3).

Das Bundesgericht stimmt der Vorinstanz grds zu. Es verweist aber auch darauf, dass die Grösse des seitlichen Abstands, der gegenüber Fussgängern einzuhalten ist, nicht allgemein zahlenmässig festgelegt werden kann. Sie richtet sich vielmehr unter anderem nach der Breite der Fahrbahn, den Verkehrs- und Sichtverhältnissen, der Geschwindigkeit des Fahrzeugs sowie dem Alter und dem Verhalten der Fussgänger. In einer engen Gasse in einem tessiner Bergdorf kann ein halber Meter bei entsprechend langsamem Tempo ausreichend sein. In anderen Konstellationen, höhere Geschwindigkeit, grosse Strasse sowie dem Umstand, dass sich ein Fussgänger auf ein nahes Vorbeifahren nicht gefasst ist, sind 50 cm dann wieder zu wenig. Der Beschwerdeführer hätte also entweder warten, oder den Abstand oder sein Tempo anpassen müssen. Der Unfall war vermeidbar, womit eine Sorgfaltspflichtsverletzung vorliegt (E. 6.4.2).

Das Bundesgericht setzt sich dann noch mit der Frage auseinander, ob bei Selbstgefährdungen durch Fussgänger im Strassenverkehr stets von einer stillschweigenden Einwilligung in Körperverletzungen ausgegangen werden kann. Im Gegensatz zu gewissen Sportarten ist dies im Strassenverkehr allerdings nicht der Fall. Wer sich als Fussgänger verkehrsregelwidrig auf die Fahrbahn begibt, willigt daher nicht ein, von einem Fahrzeug angefahren und verletzt zu werden (E. 6.4.3).

Der Schuldspruch wegen fahrlässiger Körperverletzung ist also korrekt. Die Beschwerde wurde aber gutgeheissen, weil die Vorinstanz ohne hinreichende Begründung von einer Haftungsquote von 100% zu Lasten des Beschwerdeführers ausging (E. 7) und weil die festgesetzte Parteientschädigung für den Privatkläger nicht nachvollziehbar war (E. 8).

Betriebsgefahr des stehenden Autos

Urteil 4A_314/2022: Wenn der Katalysator ein Brand verursacht

In diesem Fall macht ein Bauer bei einer Motorfahrzeughaftpflichtversicherung Ansprüche geltend, nachdem das abgestellte Fahrzeug eines Lieferanten durch einen heissen Katalysator einen Stallbrand verursachte. Das erstinstanzliche Gericht hiess die Klage gut, wobei es ausführte, dass der heisse und brandauslösende Katalysator als Folge des maschinellen Betriebs des Lieferwagens den Brand auslöste und damit die Haftpflichtversicherung aus Betriebsgefahr hafte. Das Kantonsgericht SZ wiederum hiess die gegen dieses Urteil erhobene Berufung gut mit der Begründung, dass der Katalysator sich zwar während dem Betrieb des Lieferwagens erhitzte, die Hitze selber dann aber nicht dem Betrieb des Fahrzeuges dient und damit auch keine dem Betrieb eigene Gefahr ist.

Umstritten ist in diesem Fall der Inhalt der Betriebsgefahr, denn gemäss Art. 58 Abs. 1 SVG haftet ein Motorfahrzeughalter (bzw. seine Haftpflichtversicherung), wenn durch den Betrieb seines Fahrzeuges ein Mensch getötet wird oder Sachschaden entsteht. Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, dass die Vorinstanz den maschinentechnischen Betriebsbegriff falsch ausgelegt habe, indem sie die durch den Betrieb des Lieferwagens entstandene Hitze am Katalysator nicht der Betriebsgefahr des Lieferwagens zurechnete, denn zumindest bei einem Verbrennungsmotor ist auch Hitze für die Fortbewegung eines Autos nötig.

Die Kausalhaftung von Art. 58 Abs. 1 SVG wird ausgelöst, wenn ein Motorfahrzeug in Betrieb ist. Dabei wird vom maschinentechnischen Betriebsbegriff ausgegangen. Der Halter haftet nur, wenn der Unfall in seiner Gesamtheit betrachtet mit der besonderen Gefahr, die durch den Gebrauch der maschinellen Einrichtungen des Motorfahrzeugs geschaffen wird, zusammenhängt. Ob das Auto dabei fährt oder steht, spielt keine Rolle. Es stellt sich also die Frage, ob ein heisser Katalysator bei einem parkierten Auto unter den maschinentechnischen Betriebsbegriff subsumiert werden kann (E. 3.3).

Die genaue Grenze zwischen dem Betrieb eines Motorfahrzeugs und dessen Nichtbetrieb lässt sich nicht rein aufgrund technischer Kriterien und schon gar nicht abstrakt beantworten, sondern muss jeweils wertend anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Auch wenn der Katalysator durch den Betrieb des Lieferwagens erhitzt wurde und zugleich ursächlich für den Stallbrand war, so erscheint die Brandgefahr als solche nicht als eine Gefahr, die dem Betrieb eines Motorfahrzeuges inhärent ist. Vielmehr hätte jeder in der Scheune abgestellte heisse Gegenstand dieselbe Brandgefahr ausgelöst. Aus Sicht des Bundesgerichts verwirklichte sich vorliegend eine gewöhnliche (Brand)Gefahr, die beim Lagern von heissen Gegenständen an ungeeigneten Orten entsteht. Zufälligerweise war der heisse Gegenstand hier einfach ein Auto bzw. dessen Katalysator (E. 3.4.3). Die Annahme der Halterhaftung hätte aus Sicht des Bundesgerichts vorliegend auch dem Zweck von Art. 58 Abs. 1 SVG widersprochen. Die strenge Halterhaftung wurde eingeführt, weil durch die Inbewegungsetzung eines tonnenschweren Autos sehr spezifische Gefahren entstehen, wie z.B. Schwierigkeiten beim Anhalten und Ausweichen von Hindernissen, mangelnde Stabilität, Lärm oder Vibrationen. Die Halterhaftung wird letztlich durch das öffentliche Interesse begrenzt. Klare (negative) Folgen des Autofahrens wie Unfälle werden von der Halterhaftung umfasst, weil dies auch im öffentliche Interesse liegt. Nicht im öffentlichen Interesse jedoch ist nach Ansicht es Bundesgerichts, dass ein Halter haftet, wenn sein noch heisses Auto ein Brand verursacht (E. 3.4.4). Und letztlich verweist das Bundesgericht darauf, dass man mit der strengen Halterhaftung aus rechtspolitischer Sicht die Folgen der Fortbewegung mit einem Auto abfedern wollte und nicht jene eines stehenden Fahrzeuges. Der Brand hängt daher, in seiner Gesamtheit betrachtet, nicht mit der besonderen Gefahr zusammen, die durch den Gebrauch der maschinellen Einrichtungen des Motorfahrzeugs geschaffen wird (zum Ganzen E. 3.4.5).

Die Halterhaftung wurde vorliegend zu Recht abgelehnt.

Entlastungsbeweis bei Tierhalterhaftung

BGE 4A_25/2021: Die herrenlose Kutsche (gutgh. Beschwerde)

Dieser Entscheid befasst sich mit dem Unfall zwischen einer Kutsche und einem Veloanhänger. Die Beschwerdegegnerin ist eine Bierbrauerei, die ihr Bier teils mit Pferdegespannen ausliefert. Der Fuhrmann der Bierbrauerei war mit einem Einspänner unterwegs. In einer Pause wurde er von der Mutter der Beschwerdeführerin im Velo überholt. Die fünf Monate alte Beschwerdeführerin befand sich im Veloanhänger. Nachdem der Fuhrmann der Mutter den Weg gezeigt hatte, setzte er seine Fahrt fort und überholte das Fahrrad wieder. Etwas später scheute das Pferd plötzlich. Der Fuhrmann vollzog eine Linkswende, woraufhin das Pferd durchging und der Fuhrmann von der Kutsche fiel. Das Pferd galoppierte mitsamt der Kutsche den Weg zurück. Die Mutter sah das kommende Pferd und ging ganz an die rechte Strassenseite. Das Pferd rannte am Velogespann vorbei, die schlingernde Kutsche aber rammte den Veloanhänger, der auf eine Wiese geschleudert wurde und sich mehrmals überschlug. Die Beschwerdeführerin erlitt ein schweres Schädelhirntrauma. Es waren mehrere neurochirgurgische Eingriffe nötig. Eine erste Teilklage von CHF 45’913.70 wurde erstinstanzlich gegen die Bierbrauerei gutgeheissen, gegen den Fuhrmann aber wurde die Klage abgewiesen. Das Obergericht hiess die Berufung der Brauerei gut und wies auch diese Teilklage ab. Die Beschwerdeführerin verlangt mit Beschwerde, dass die Teilklage gegen die Brauerei gutzuheissen sei.

Nach Art. 56 Abs. 1 OR haftet der Halter eines Tieres, für den durch dieses angerichteten Schaden. Der Halter kann aber den Entlastungebeweis führern, also dass er all nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung des Tieres angewendet hat oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre. Vorausgesetzt wird die Verletzung einer objektiven Sorgfaltspflicht. An den Entlastungsbeweis sind strenge Anforderungen zu stellen. Es reicht nicht nachzuweisen, dass man als Tierhalter die übliche Sorgfalt angewendet hat. Er muss nachweisen, dass er sämtliche objektiv notwendigen und durch die Umstände gebotenen Massnahmen getroffen hat.

Über das Manöver des Fuhrmanns wurde ein Gutachten erstellt. Das Scheuen des Pferdes könne nicht auf eine Unaufmerksamkeit des Fuhrmanns zurückgeführt werden. Auch die Kehrtwende sei aufgrund des Scheuen des Pferdes angebracht gewesen. Ob der Fuhrmann allerdings beim Durchgehen des Pferdes korrekt gehandelt habe, konnte der Gutachter aufgrund der Unterlagen nicht beurteilen. Er liess insb. die Frage offen, ob der Fuhrmann die Leinen richtig gehalten habe (E. 2.4).

Die Vorinstanz war der Meinung, dass der Bierbrauerei als Tierhalterin der Entlastungsbeweis nicht gelungen sei, weil sie bzgl. dem Durchgehen des Pferdes keine Ergänzungsbeweise beantragt hat, wodurch der Entlastungsbeweis misslungen sei. Auch ein rechtmässiges Alternativverhalten wurde nicht bewiesen. Die Vorinstanz hingegen hiess die Berufung dagegen gut, weil keine der Parteien Ergänzungsfragen gestellt haben, insb. zur Frage, ob die Leinenhaltung des Fuhrmanns korrekt war.

Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 56 Abs. 1 OR und Art. 8 ZGB, denn nach ihrer Ansicht habe die Vorinstanz ihr die Beweislast für eine Sorgfaltspflichtverletzung des Fuhrmanns auferlegt. Der Entlastungsbeweis obliegt aber dem Tierhalter. Insb. wenn der Gutachter die Frage nach der Leinenhaltung aufwirft, hätte die Beschwerdegegnerin darüber Beweis führen müssen (E. 2.6).

Das Bundesgericht stimmt der Beschwerdeführerin zu, denn an den Entlastungsbeweis sind strenge Anforderungen zu stellen. Nachdem der Gutachter die Frage nach der Leinenhaltung aufgeworfen hatte, hätte die Beschwerdegegnerin die Beweislosigkeit diesbzgl. beseitigen müssen. Wenn nun die Vorinstanz der Beschwerdeführerin vorwirft, keine Sorgfaltspflichtverletzung bzgl. der Leinenführung bewiesen zu haben, verletzt sie die Beweislastregeln. Die Folgen der Beweislosigkeit hat die Beschwerdegegnerin als Tierhalterin zu tragen. Die Teilklage wird im Ergebnis gutgeheissen.

Zeitpunkt der Schadenberechnung

BGE 4A_197/2020: Die vermaleidete Rückweisung (gutgh. Beschwerde)

Seltenerweise bringen wir hier auch haftpflichtrechtliche Entscheide, wenn uns danach ist. In diesem hochinteressanten, aber auch hochgradig technischen Entscheid stellt sich die Frage, wann die haftpflichtrechtlichen Schäden berechnet werden, insb. wenn sich das Bundesgericht bereits einmal mit dem Fall beschäftigt und einen Rückweisungsentscheid gefällt hat.

Die Beklagte wurde bei einem Autounfall im September 1993 aus dem Fahrzeug geschleudert, weil sie nicht angeschnallt war. Seither ist sie querschnittsgelähmt. Der Streit betrifft ihre haftpflichtrechtlichen Ansprüche von ca. zwei Mio. Franken, welche ihr vom Handelsgericht ZH zugesprochen wurden. Dagegen erhob die Versicherung erfolgreich Beschwerde, womit die Sache zur neuen Beurteilung einiger Schäden zurückgewiesen wurde. Das HGer urteilte erneut und die Versicherung erhob wieder Beschwerde. Die beschwerdeführende Versicherung rügt, dass das HGer erneut den Haushaltsschaden berechnete, obwohl dieser mit der ersten Beschwerde nicht beanstandet wurde.

An einen Rückweisungsentscheid sind sowohl Gerichte, als auch die Parteien gebunden. Abgesehen von zulässigen Noven, können keine Argumente mehr vorgebracht werden, die vom Bundesgericht bereits in Erwägung gezogen wurden (E. 3.2.1). Durch die Rückweisung wird der Prozess in die Lage zurückversetzt, in welcher er sich vor dem aufgehobenen Urteil befand (E. 3.2.2).

Mit der ersten Beschwerde hat die Versicherung den u.a. den Haushaltsschaden nicht angefochten (E. 3.4). In seinem neuen Entscheid hat das Handelsgericht den Berechnungstag für den Haushaltsschaden auf das Datum des neuen Urteils gelegt und diesen neu berechnet(E. 3.6).

Für die Schadenberechnung ist der Zeitpunkt massgebend, bis zu dem die letzte kantonale Instanz noch neue Tatsachen berücksichtigen kann. Lägen zulässige Noven vor, könne dies auch ein neues Datum für die Schadenberechnung zur Folge haben. Grds. wird der Prozess aber nur hinsichtlich des von der Rückweisung betroffenen Streitpunktes in die Lage vor dem vorinstanzlichen Urteil zurückgesetzt (zum Ganzen E. 3.7).

Der Haushaltsschaden (und weitere Schäden) war nicht Streitgegenstand des Rückweisungsverfahrens. Trotzdem führte das Handelsgericht eine Neuberechnung durch. Dazu war es nicht befugt, weil diese Forderungen nicht Gegenstand der ersten Beschwerde waren. Es wurde also vom falschen Zeitpunkt für die Berechnung des Schadenersatzes ausgegangen bzw. es durfte gar keine neue Berechnung durchführen.

Die Beschwerdeführerin rügt auch erfolgreich eine falsche Kosten- und Entschädigungsfolge (zum Ganzen E. 4, für jene die sich mit altem Recht des Kt. ZH auseinandersetzen wollen).

Haushaltschaden

BGE 4A_481/2019:

Das Urteil ist spannend, weil es sich exemplarisch zu den Voraussetzungen des Haushaltschadens äussert.

Nach einer Auffahrkollision im Jahr 1997 und extrem langer Prozessgeschichte mit zwischenzeitlichem Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts dreht sich diese Sache darum, wie hoch der Haushaltschaden der Geschädigten ist. Bei der Vorinstanz bezifferte die Beschwerdeführerin im Dezember 2018 den Haushaltschaden mit CHF 398’450.00, wobei das Obergericht AG auf einen Haushaltschaden von CHF 17’987.90 erkannte. Die dagegen erhobene Beschwerde weist das Bundesgericht ab. Umstritten ist die Substantiierung des Haushaltschadens.

Der Haushaltsschaden ist nach Art. 46 Abs. 1 OR geschuldet. Ausgeglichen wird der wirtschaftliche Wertverlust, der durch die Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit im Haushalt entschaden ist (E. 4.1.1). Die Berechnung des Haushaltschadens erfolgt in folgenden Schritten (E. 4.1.2):

1. Bestimmung der Dauer des Arbeitsausfalls
2. Bestimmung des medizinisch-theoretischen Invaliditätsgrad
3. Bestimmung des Wertes der Tätigkeit im Haushalt

Der Aufwand kann entweder am konkreten Fall oder aufgrund statistischer Daten (i.e. SAKE-Tabellen) ermitteln werden. Sodann muss belegt werden, welche Aufgaben der geschädigten Person im Haushalt überhaupt zufielen, denn nur wer Haushaltsarbeiten verichtet, kann den Schaden auch geltend machen. Zuletzt wird der Wert der Haushaltsarbeit quantifiziert, wobei auch auf statistische Werte zurückgegriffen werden kann (E. 4.1.2).

Die Vorinstanz erwog, dass auch beim Haushaltschaden die Schadenminderung gelte. Geschädigte Personen sowie deren Familien haben sich so zu organisieren, dass die Haushaltsarbeit anderweitig verteilt wird. Die Vorinstanz bemängelt auch, dass die Beschwerdeführerin nicht genügend substantiiert, welche Haushaltsarbeiten sie konkret übernahm (E. 4.2.2./3.). Versch. Details zur familiären Situation der Beschwerdeführerin seien unklar geblieben. Die Parteien verständigten sich zwar auf die Anwendung der abstrakten Methode zur Berechnung des Haushaltschaden, insb. mittels SAKE-Tabellen. Dabei muss aber die geschädigte Person so genaue Angaben zum Haushalt machen, damit eruiert werden kann, ob die Tabellen überhaupt der tatsächlichen Situation entsprechen. Andernfalls ist die Anwendung von Statistiken nicht möglich. Nach Ansicht des Bundesgerichts ging die Vorinstanz zu Recht davon aus, dass der konrete Situation ungenügend substantiiert wurde, zumal ein Lebensabschnitt der Beschwerdeführerin (Haushalt zusammen mit volljähriger Tochter) in den SAKE-Tabellen gar nicht vorkommt (E. 4.4.2).

Kann der Haushaltschaden nicht mit der abstrakten Methode berechnet werden, kommt die konkrete nach der jeweiligen Situation zur Anwendung (E. 4.5.3). Auch die konkrete Methode bedarf aber konkrete Angaben zum Haushalt. Ohne diese kann auch die Frage der Schadenminderungspflicht (i.e. Anschaffung von Geräten, Organisation innerhalb der Familien) nicht abschliessend beantwortet werden (E. 4.5.4). Die Rügen der Beschwerdeführerin erweisen sich als unbegründet.

Merkantiler Minderwert

BGE 4A_394/2018:

In diesem Entscheid, befand das BGer erstmals über die Frage, ob bei Immobilien ein Minderwert eintreten könne. Interessant ist der Entscheid, weil es dabei seine Rechtsprechung zum Minderwert bei Autos aus den 1930/50ern bestätigt.

E. 3 zum merkantilen Minderwert: Unter dem merkantilen Minderwert versteht man die durch ein schädigendes Ereignis verursachte Minderung des Verkehrswertes einer Sache, die unabhängig von deren technischen bzw. funktionellen Beeinträchtigung eintritt. Dieser merkantile Minderwert orientiert sich am subjektiven Empfinden potenzieller Käufer, wobei der Grund, weshalb der Markt mit einem nicht technisch begründeten Preisabschlag reagiert, ohne Belang ist. Das BGer zitiert schon hier die Rechtsprechung zum Minderwert bei Autos.

E. 4.1 zur Differenztheorie: Das BGer ordnet den Minderwert in die Differenztheorie ein und kommt zum Schluss, dass ein merkantiler Minderwert grds. bei allen Sachen eintreten kann.

E. 4.2.2 zu den Autos: Bei Autos stellt der Minderwert grds. eine bleibende Vermögensverminderung dar. Die Bedeutung des Minderwertes nimmt mit der Zeit ab, weil ein Auto im Zeitablauf an Wert einbüsst, bis es zum Gebrauch ungeeignet ist. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein Unfallwagen in der Regel einen tieferen Wiederverkaufswert besitzt als ein unfallfreies Auto, was nicht zuletzt aus der bundesgerichtlichen Kasuistik zu den Offenlegungspflichten des Verkäufers beim Verkauf eines Unfallwagens ersichtlich ist (vgl. z.B. BGE 96 IV 145). Bei neueren Fahrzeugen ist eher von einem Minderwert auszugehen, wobei dies nach BGer in jedem Einzelfall zu prüfen ist, unter Berücksichtigung des Alters des Autos sowie der erfolgten Reparaturen.

Genugtuung nach Unfall mit Todesfolge

BGE 6B_1145/2018:

Der Beschwerdegegner übersah ein Rotlicht und kollidierte auf einer Kreuzung mit einem Motorradfahrer, der wegen dem Unfall verstarb. Vor der ersten Instanz erhielt der Vater des Verstorbenen eine Genugtuung von CHF 30k, vor der Berufungsinstanz noch 15k. Der Vater erhebt Beschwerde und verlangt eine Genugtuung von 50k.

E. 3 zur Genugtuung: Beim Tod eines Menschen kann das Gericht gemäss OR 47 unter Würdigung aller Umstände den Angehörigen eine Genugtuung zusprechen. Die Höhe der Genugtuung ist abhängig von der Art und Schwere der Verletzung, der Intensität und Dauer der Auswirkungen auf die Betroffenen, dem Grad des Verschuldens, einem allfälligen Selbstverschulden sowie der Aussicht auf Linderung des Schmerzes durch die Zahlung eines Geldbetrages. Die Berechnung von Genugtuungsansprüchen erfolgt nicht schematisch, sondern anhand der Einzelfallumstände. Das Sachgericht hat dabei ein grosses Ermessen, in welches das BGer bekanntlich nur zurückhaltend eingreift (E. 3.1).

Der Beschwerdeführer argumentiert unter Bezugnahme auf die Integritätsentschädigung, dass auch die Genugtuung gewissen Regeln folgen muss. Das BGer sieht dies anders, auch wenn natürlich eine Entwicklung in der Judikatur nicht ausgeschlossen ist (E. 3.2). Die Vorinstanz berücksichtigte das Alter des Motorradfahrers (26 Jahre), das Verschulden des Beschwerdegegners (mittelschwer bis schwer) und die enge familiäre Beziehung. Als Herabsetzungsgrund führte die Vorinstanz an, dass der Verstorbene zwar noch zu Hause lebte, aber auch in einem Alter gewesen sei, in welchem die Bindung zwischen Eltern und Kind lockerer und die Selbständigkeit grösser werde, zumal sich der Verstorbene auch nicht mehr in Ausbildung befunden habe (E. 3.3).

Die Höhe der Genugtuung mit 15k ist nicht zu beanstanden.

Kürzung von Genugtuung bei leichtem Selbstverschulden des Verunglückten

BGE 4A_290/2018:

Der Lenker eines Motorrades ist bei einem Selbstunfall tödlich verunglückt. Die hinterbliebene Familie fordert von der Haftpflichtversicherung Genugtuung. Die Vorinstanz ging von einem leichten Verschulden des Verunglückten aus und kürzte die Genugtuungsforderungen um 10%. Die Haftpflichtversicherung führt Beschwerde, weil sie von einem groben Selbstverschulden ausgeht, womit die Haftpflicht entfiele. Die Beschwerde wird abgewiesen.

E.2. Zum Verschulden: Der Verstorbene verunglückte in einer Linkskurve. Es handelte sich beim Fahrzeug um ein Mietfahrzeug, der Verunglückte war kein geübter Motorradahrer. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 80 km/h, wobei das Passieren der Kurve laut Gutachten für einen geübten Fahrer mit 70km/h problemlos möglich gewesen wäre. Die vorliegende Geschwindigkeit betrug im Kollisionszeitpunkt ca. 63 km/h und war insofern angemessen. Die Vorinstanz ging lediglich davon aus, dass der Verstorbene als ungeübter Lenker, der die Strecke nicht kannte, seine Geschwindigkeit noch weiter hätte reduzieren müssen. Sie nahm ein leichtes Verschulden an und kürzte die Leistung aus Haftpflicht um 10% [E. 2.1.-2.3.].

Auch ein grobes und damit kausalitätsunterbrechendes und haftungsausschliessendes Selbstverschulden lag nicht vor. Ebenso kann sich die Beschwerdeführerin nicht auf den sog. Anscheinsbeweis stützten, nach welchem mangels anderen Unfallursachen der Unfall einzig auf ein Fehlverhalten des Verunfallten zurückzuführen sei, womit die Ersatzpflicht entfiele [E. 2.4.].

Liegt kein grobes Selbstverschulden vor, bestimmt das Gericht gemäss Art. 59 Abs. 2 SVG die Ersatzpflicht unter Würdigung sämtlicher Umstände. In Ermessensentscheide greift das Bundesgericht nur mit grösster Zurückhaltung ein. Die Kürzung der Ersatzpflicht um 10% wegen leichtem Selbstverschulden war insofern richtig.

Staatshaftung nach Unfall bei Führerprüfung?

BGE 2C_94/2018: Haftet der Staat für einen Unfall bei der Führerprüfung?

Das BGer musste in diesem Entscheid die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung beantworten, ob der Staat haftet, wenn an während der Führerprüfung, bei welcher ein Prüfungsexperte mitfährt, ein Unfall geschieht.

Im vorliegenden Fall konnte der Prüfungsexperte trotz Betätigung der Doppelbremspedale die Kollision des Probanden mit einem Verkehrsschild nicht mehr verhindern. Am Prüfungswagen der Fahrschule und Beschwerdeführerin und dem Verkehrsschild entstand ein Sachschaden von CHF 1’946.75, welchen die Fahrschule vom Staat zurückfordert.

E. 3. zur kantonalen Verantwortlichkeitsgesetzgebung: Das BGer stimmt der kantonalen Instanz zu, dass dem Prüfungsexperten kein pflichtwidriges Verhalten vorgeworfen werden kann, womit die Voraussetzungen des Haftungsgesetzes bzw. §75 der Kantonsverfassung nicht erfüllt sind. Die Vorinstanz hat den Sachverhalt nicht willkürlich gewürdigt. Diese ging letztlich davon aus, dass ein Fehler des Fahrlehrers nicht beweisbar war.

E. 4. zur Rechtsfrage: Die Beschwerdeführerin moniert, dass bei Führerprüfungen regelmässig ein Beweisnotstand zu Lasten der Fahrschulen herrsche, weil kaum je eine Drittperson bei der Führerprüfung dabei ist. Damit werde die Staatshaftung ausgehebelt und Fahrschulen müssen die entstandenen Schäden zumeist selber tragen.  Die Beschwerdeführerin fordert analog zu Art. 71 SVG eine Erweiterung des Halterbegriffes auf den Staat während Führerprüfungen, damit sich der Staat mangels Beweisen nicht von der Haftung drücken kann.

Bund und Kantone unterstehen als Halter von Motorfahrzeugen den Haftpflichtbestimmungen des SVG (vgl. Art. 73 SVG). Grds. haftet der Halter eines Fahrzeuges für Personen- oder Sachschaden (vgl. Art. 58 SVG). Die Halterhaftung ist allerdings ausgeschlossen bzw. das Obligationenrecht anwendbar bei der Haftungsfrage im Verhälntis zwischen Halter und dem Eigentümer eines Fahrzeuges für Schaden an diesem Fahrzeug (vgl. Art 59 Abs. 4 lit. a SVG). Insofern bestünde keine Haftung des Staates gemäss Art. 58 SVG für den Schaden am Prüfungsfahrzeug, auch wenn der Staat als Halter gelten würde (E. 4.1. und 4.2.).

Der Staat müsste als Halter aber für das beschädigte Strassenschild haften. Grds. gilt im SVG der materielle Halterbegriff, d.h. Halter ist nicht derjenige, der im Fahrzeugausweis eingetragen ist (also der formelle Halter), „sondern derjenige, auf dessen eigene Rechnung und Gefahr der Betrieb des Fahrzeugs erfolgt und der zugleich über dieses und allenfalls über die zum Betrieb erforderlichen Personen die tatsächliche, unmittelbare Verfügung besitzt. Nach dem Interessen- oder Utilitätsprinzip soll die kausale Haftung aus einer Gefährdung insbesondere tragen, wer den besonderen, unmittelbaren Nutzen aus dem gefährlichen Betrieb hat.“ „Hingegen ist jemand, dem ein Fahrzeug freiwillig nur zum gelegentlichen Gebrauch zur Verfügung gestellt wird, ohne dass er Betriebskosten zu tragen hätte, nicht Halter.“

Auch wenn der Prüfungsexperte nach Art. 15 Abs. 2 SVG für eine gefahrlose Lernfahrt zu sorgen hat, erfolgt die Prüfungsfahrt hauptsächlich im Interesse des Probanden bzw. im kommerziellen Interesse der Fahrschule. Die (mind.) 60-minütige Prüfungsfahrt begründet beim Staat im Lichte der Rechtsprechung keine Haltereigenschaft (E. 4.3.2.).

Auch Art. 71 SVG ist nicht auf die Prüfungssituation anwendbar, da der Staat kein Unternehmer im Mororfahrzeuggewerbe ist und auch keine Arbeiten am Fahrzeug selbst durchführt (E. 4.4.).

E. 4.5. Gesetzeslücke: Zum Schluss stellt sich das BGer die Frage, ob hier eine Gesetzeslücke besteht, die gefüllt werden muss. „Eine echte Gesetzeslücke liegt vor, wenn der Gesetzgeber etwas zu regeln unterlassen hat, was er hätte regeln sollen, und dem Gesetz diesbezüglich weder nach seinem Wortlaut noch nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt eine Vorschrift entnommen werden kann“ (E. 4.5.1.).

Nur weil das Ergebnis einer Haftungsfrage ungewöhnlich ist, besteht noch keine Lücke im Gesetz. Nach dem Grundsatz „casum sentit dominus“ trägt der Eigentümer grds. die Schäden an seiner Sache. Es gibt keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass für jeden eingetretenen Schaden irgend jemand haften muss. Es ist rechtsstaatlich nicht unhaltbar, dass in der vorliegenden Konstellation die Fahrschule den Schaden selber tragen muss. Es besteht kein Anlass für eine Staatshaftung via Lückenfüllung (E. 4.5.2.).

 

 

 

Die Kaskade fällt

BGE 4A_602/2017, Regressmöglichkeit des aus Vertrag leistenden Versicherers (Praxisänderung)

Nach dem Sturz einer Passagierin in einem Bus, bezahlte deren private Krankenversicherung Zusatzleistungen von mehr als CHF 30k. In der Folge verlangte die Schadenversicherung von der Haftpflichtversicherung der Busbetriebe die Zahlung dieser Leistung im Rahmen eines Regresses und in Abänderung von BGE 137 III 352, in welchem das BGer entschied, dass der aus Vertrag leistende Versicherer auf einen kausal Haftenden bzw. dessen Versicherung keinen Rückgriff nehmen kann.

E. 2.1. zu BGE 137 III 352

E. 2.2. zur Lehre

E. 2.3ff. zu den Gründen für eine Praxisänderung:

  • Dem aus Vertrag leistenden Versicherer den Regress auf den Haftpflichtversicherer zu verwehren, führt zu einer falschen Kostenverteilung, da die Leistungen der Schadenversicherung durch Prämien finanziert werden, deren Sinn allerdings nicht darin liege, einen Kausalhaftpflichtigen zu entlasten.
  • Da zahlreiche neue Gefährdungstatbestände eingeführt wurden, sei die bestehende Praxis nicht mehr zeitgemäss und führe zu Unterschieden im Sozialversicherungsrecht, wo den Versicherern ein integrales Regressrecht in Art. 72 ATSG zuerkannt werde.
  • In der anstehenden Revision des VVG soll neu in Art. 95c Abs. 2 eine dem ATSG vergleichbare Subrogation eingeführt werden.
  • Es überzeugt nicht, den Haftpflichtigen in jenen Fällen zu privilegieren, in welchen die geschädigte Person zufälligerweise selber für Versicherungsschutz gesorgt hat.

E. 2.6f. Fazit: „Die private Schadenversicherung ist im Verhältnis zum kausal haftpflichtigen Unfallverursacher gestützt auf Art. 72 Abs. 1 VVG gleich zu behandeln wie die Sozialversicherungen, welche insoweit in die Stellung der geschädigten Person subrogieren, als sie diese entschädigt haben.“ „Verursacht ein Kausalhaftpflichtiger einen Unfall, so begeht er eine unerlaubte Handlung im Sinne dieser Bestimmung, selbst wenn ihn kein Verschulden an der Unfallverursachung trifft. Denn ein Verschulden ist nach dem Wortlaut von Art. 72 Abs. 1 VVG nicht gefordert. Es genügt eine „unerlaubte Handlung“ („actes illicites“, „atti illeciti“). Damit fällt jeder als Gefährdungs- oder einfache Kausalhaftung normierte Tatbestand, mithin jegliche ausservertragliche Haftung im Sinne von Art. 41 ff. OR, unter den Begriff der unerlaubten Handlung im Sinne von Art. 72 Abs. 1 VVG.“ Art. 51 Abs. 2 OR findet keine Anwendung. Die Beschwerdeführerin als private Schadenversicherung der Geschädigten, kann daher gegen die Beschwerdegegnerin als obligatorische Versicherung der kausalhaftbaren Unfallverursacherin Regress nehmen.