Urteil 2C_103/2023: Simulieren oder nicht simulieren, das ist hier die Frage
Dieses französische Urteil vom September beschäftigt sich mit der Frage, ob die Weiterbildungskurse für Neulenker gemäss Art. 15a Abs. 2bis SVG gänzlich im Simulator durchgeführt werden können. Die Beschwerdeführerin wollte dies anbieten und fragte diverse Ämter an, ob ein solches Unterfangen realisierbar sei. Das ASTRA äusserte sich dahingehend, dass die Weiterbildung im Simulator weder vorgeschrieben, noch verboten wäre, aber auch, dass man für die Bewilligung eines solchen Unterfangens nicht zuständig sei. Die ASA war der Meinung, dass eine Weiterbildung nur im Simulator nicht Sinn der Sache sei. In der Folge beantragte die Beschwerdeführerin einen formellen Entscheid von der ASA und dem kantonalen Strassenverkehrsamt darüber, ob die Weiterbildung im Simulator möglich sei oder nicht. Die ASA lehnte die Möglichkeit der Weiterbildung nur im Simulator ab. Im Folgenden drehte sich der Streit darum, wer überhaupt zuständig sei, um diesen Entscheid zu fällen. Aus Sicht der kantonalen Instanzen durfte nicht die ASA darüber entscheiden, sondern das Strassenverkehrsamt hätte diesen Entscheid fällen müssen. Die Sache wurde aber aus Gründen der Verfahrensökonomie nicht zurückgewiesen, sondern es wurde entschieden, dass das Training verschiedener Fahrmanöver (Bremsen, Kurvenfahren, Sicherheitsabstand) nur praktisch auf einem Übungsgelände möglich sei bzw. ein Simulator alleine nicht ausreicht.
Vor Bundesgericht verlangt die beschwerdeführende GmbH einen neuen Entscheid und subsidiär die Rückweisung an das Strassenverkehrsamt für einen neuen Entscheid.
Zunächst äussert sich das Bundesgericht in E. 4 darüber, ob nun der angefochtene Entscheid nichtig ist. Ein Entscheid einer unzuständigen Behörde ist grds. mit einem schweren Mangel behaftet. Für die Nichtigkeit muss der Mangel erstens besonders schwer wiegen, zweitens offenkundig sein und drittens die Rechtssicherheit ernsthaft gefährden (E. 4.1). Die Modalitäten der Weiterbildung für Neulenker sind in Art. 27a ff. VZV geregelt. Für die Durchführung der Kurse ist eine Bewilligung nötig (Art. 27e VZV). Zuständig dafür sind die Kantone, wobei sie diese Aufgabe auch delegieren können (Art. 27g VZV). Daraus folgert das Bundesgericht, dass die ASA für den Entscheid nicht zuständig war, womit ein besonders schwerer Mangel vorliegt. Der Mangel war aber nicht offenkundig. Das Bundesgericht schliesst das u.a. daraus, dass das kantonale Strassenverkehrsamt seine Zuständigkeit zu Beginn selber ablehnte. Zudem reichte das Strassenverkehrsamt im kantonalen Verfahren selber eine Entscheidung über Weiterbildung im Fahr-Simulator nach und wieso dies nicht möglich sei. Die beschwerdeführende GmbH konnte im kantonalen Verfahren damit auch inhaltlich zur Sache Stellung beziehen, weshalb auch die Rechtssicherheit nicht gefährdet war. Damit macht es auch aus prozessökonomischen Gründen keinen Sinn die Sache zurückzuweisen (ausführlich E. 4.3).
In der Sache selbst stellt sich die Beschwerdeführerin auf den Standpunkt, dass entgegen der Ansicht der kantonalen Instanzen die Weiterbildung ausschliesslich im Fahr-Simulator möglich sei. Das Bundesgericht kontert dieser Ansicht aber, das die Weiterbildung grds. praktischer Natur ist, was sich u.a. den Zielen des Kurses entnehmen lässt. So sollen z.B. die Kenntnisse der Kursteilnehmenden über die wesentlichen Einflussfaktoren von Unfällen gefördert werden durch das Erleben von Fahrsituationen unter realitätsnahen Bedingungen (Art. 27b Abs. 2 VZV). Den Materialien ist zu entnehmen, dass die Fahrmanöver auf geeigneten Instruktionsplätzen vorgenommen werden sollten. Beim ökonomischen Fahren könne hingegen auch ein Simulator eingesetzt werden. Prinzipiell müssen die Teilnehmer auch mit ihrem eigenen Auto aufkreuzen. Auch das ASTRA geht in seinen Weisungen zur Zwei-Phasen-Ausbildung von einer Weiterbildung auf Übungsplätzen aus. Das alles spricht dafür, dass die Ausbildung zwar teilweise, nicht aber gänzlich im Simulator durchgeführt werden kann (E. 5.4).