Ihr macht da nicht mit!

Urteil 7B_167/2022: Ausstand einer ganzen Behörde

Der Beschwerdeführer wehrt sich gegen die Verurteilung wegen eines Raserdelikts. Das Obergericht des Kt. ZH ordnete im Verfahren ein Gutachten betreffend die Geschwindigkeitsmessung an. Für die Erstattung des Gutachtens wurden Testfahrten mit dem Originalradargerät auf dem Flughafen Dübendorf organisiert, wofür der Gutachter Mitarbeiter der Kantonspolizei Zürich als Hilfspersonen beizog.

Das passt dem Beschwerdeführer gar nicht. Er ist der Meinung, dass die Polizei ein Interesse daran hat, dass das Gutachten gegen ihn ausfalle und will deshalb, dass die Mitarbeiter der Kantonspolizei Zürich und insb. deren Verkehrsabteilungen in Ausstand treten müssen. Nur so könne eine faire Begutachtung erfolgen. Er beruft sich dabei auf Art. 56 StPO. Die Polizisten hätten aus seiner Sicht ein Eigeninteresse (lit. a) am Ausgang des Strafverfahrens, seien in der gleichen Sache tätig gewesen (lit. b) und es gäbe auch noch andere Gründe für den Ausstand der gesamten Polizei (lit. f). Aus Sicht der Vorinstanz ging es aber nur um die Nachstellung der automatischen Erfassung der gefahrenen Geschwindigkeit durch das Messgerät, worauf Polizisten keinen Einfluss haben. Zudem sei die Mitwirkung der Polizei bei den Testfahrten nachvollziehbar.

Der Beschwerdeführer übersieht in seiner Rüge, dass sich Ausstandsbegehren nur gegen Einzelpersonen, aber nicht gegen ganze Behörden richten können. Wenn man ein Ausstandsbegehren gegen eine Behörde richtet, muss trotzdem ersichtlich sein, welches Mitglied der Behörde konkret befangen sein soll. Bei der Erstellung des Gutachtens waren zudem andere Polizisten behilflich, als jene, die die fragliche Geschwindigkeitsmessung durchführten. Eine Vorbefassung gemäss Art. 56 Abs. 1 lit. b StPO liegt damit nicht vor (E. 3).

Auch ein Eigeninteresse müsste bei einer Einzelpersonen vorliegen, damit ein Ausstandsgesuch erfolgreich sein kann. Die generelle Behauptung, dass die Polizei daran interessiert sei, mutmasslich schlechte Geschwindigkeitsmessgeräte im Einsatz zu halten, reicht natürlich nicht, um ein Eigeninteresse gemäss Art. 56 Abs. 1 lit. a StPO zu begründen (E. 4).

Und schliesslich bestand entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers auch kein anderer Ausstandsgrund gemäss Art. 56 Abs. 1 lit. f StPO. Er stellte sich auf den Standpunkt, dass die Polizei für die verfahrensleitende Staatsanwaltschaft Aufträge ausführe und deshalb der Anschein einer Abhängigkeit und/oder Parteilichkeit bestehe. Da aber die Kantonspolizisten vom Gutachter als Hilfspersonen herbeigezogen wurden, liegt eine solche Parteilichkeit eben nicht vor. Zudem können Mitglieder von Polizeikorps gemäss Art. 183 Abs. 2 StPO als Sachverständige eingesetzt werden.

Bonus: Parkbusse von CHF 40 aufgehoben

Urteil 7B_205/2022: Nicht genau hingeschaut

In diesem kuriosen Fall wird eine Parkbusse von CHF 40 aufgehoben, weil der Sachverhalt willkürlich festgestellt wurde. Die Zivilperson, welche im oberen Fricktal die Busse ausstellte, sagte vor Gericht aus, dass sie sich die parkierten Fahrzeuge sowie deren Radstellungen ohne Notizen merken könne und deshalb genau wusste, dass der Beschwerdeführer zu lange parkierte. In einem vergleichbaren Verfahren sagte die gleiche Person allerdings diametral das Gegenteil, nämlich dass sie sich nie merke welche Autos wo und wie parkieren würden. Die Akten dieses anderen Verfahrens wurde aber trotz Antrags des Beschwerdeführers nicht beigezogen, damit die Glaubhaftigkeit der Aussagen der die Bussen austellenden Person hätte überprüft werden können. Damit wurde der Untersuchungsgrundsatz verletzt und der Sachverhalt willkürlich festgestellt. Die Beschwerde wird gutgeheissen.

Grobe Verkehrsregelverletzung als „schwere Straftat“ gemäss Art. 141 Abs. 2 StPO

Urteil 6B_821/2021: Wenn das Rasen in der Familie liegt (tlw. gutgh. Beschwerde)

Dieses Urteil befasst sich mit der Frage, welche Anforderungen an Zwangsmassnahmen wie Hausdurchsuchungen zu stellen sind. Zudem konkretisiert es die Rechtsprechung dahingehend, was im SVG-Bereich eine „schwere Straftat“ ist, welche eine Verwertung unrechtmässig erlangter Beweise trotzdem möglich macht (Art. 141 Abs. 2 StPO), insb. wenn es sich bei der schweren Tat um eine grobe Verkehrsregelverletzung bzw. ein Vergehen handelt.

Der Vater des Beschwerdeführers wurde von der Polizei dabei erwischt, wie er mit einem Motorrad ausserorts die Geschwindigkeit um 79km/h überschritt. Die Staatsanwaltschaft ordnete danach eine Hausdurchsuchung an, bei welcher ein Go-Pro gefunden wurde, auf welcher Video-Aufnahmen diverser SVG-Delikte des Beschwerdeführers gespeichert waren, u.a. auch Raserdelikte. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass die Hausdurchsuchung nicht hätte angeordnet werden dürfen, weil das Raserdelikt seines Vaters erwiesen war und es keinen hinreichenden Anfangsverdacht auf weitere Delikte gab. Die Hausdurchsuchung war aus seiner Sicht eine „fishing expedition“, weshalb die gefundenen Videos nicht als Beweise verwertet werden dürfen. Die kantonalen Instanzen allerdings waren den Meinung, dass Raserfahrten fast immer auf weitere Straftaten schliessen lassen und dass es notorisch sei, dass Raser ihre Fahrten oftmals audiovisuell festhalten, weshalb die Hausdurchsuchung rechtens war.

Eine Hausdurchsuchung ist eine Zwangsmassnahme, weshalb für ihre Durchführung die Voraussetzungen von Art. 197 Abs. 1 StPO erfüllt sein müssen. Insb. ist für die Anordnung ein hinreichender Tatverdacht vorausgesetzt. Hinweise auf eine strafbare Handlung müssen erheblich und konkreter Natur sein, um einen hinreichenden Tatverdacht begründen zu können. Eine reine Vermutung, ein Generalverdacht oder eine Beweisaufnahme aufs Geratewohl genügen zur Begründung einer Hausdurchsuchung jedoch nicht. Werden bei einer rechtmässig angeordneten Hausdurchsuchung Beweismittel gefunden, die auf weitere Straftaten hinweisen, kann ohne Weiteres ein neues Strafverfahren hinsichtlich der Zufallsfunde eröffnet werden (Art. 243 StPO). Bestand allerdings für die ursprüngliche Zwangsmassnahme, i.e. der Hausdurchsuchung, kein genügender Anfangsverdacht, gilt diese als „fishing expedition“. Auf diese Weise erlangte Beweismittel sind grds. nicht verwertbar (zum Ganzen ausführlich E. 1.3).

Um es kurz zu machen: Das Raserdelikt des Vaters des Beschwerdeführers war grds. bewiesen. Es gab keine konkrete Hinweise oder Indizien auf weitere SVG-Delikte. Gemäss Vorinstanz wurde die Hausdurchsuchung aufgrund „unspezifischer Vermutungen“ angeordnet. Das reicht allerdings nicht aus, um „auf gut Glück“ nach Beweisen für weitere SVG-Delikte des Vaters zu forschen. Die Hausdurchsuchung war insofern unrechtmässig und bei den Video-Aufnahmen der SVG-Delikte des Beschwerdeführers handelt es sich somit um „fruits of a poisonous tree“, also grds. nicht verwertbare Beweismittel (E. 1.4). Gemäss Art. 141 Abs. 2 StPO dürfen Beweise aber trotzdem verwertet werden, wenn damit schwere Straftaten aufgeklärt werden können. In erster Linie kommen bei der schweren Straftat Verbrechen in Frage. Allerdings wird die schwere Straftat nicht abstrakt, sondern an den Umständen des Einzelfalles eruiert. Auch Vergehen können schwere Straftaten gemäss Art. 141 Abs. 2 StPO sein (E. 1.5.1).

Die sichergestellten Video-Aufnahmen beinhalten div. SVG-Delikte. Der Beschwerdeführer wurde im Strafverfahren u.a. wegen mehrfacher qualifiziert grober, mehrfacher grober Verkehrsregelverletzung sowie dem Fahren ohne Berechtigung verzeigt. Für die qualifiziert groben Verkehrsregelverletzungen (Tempoexzess ausserorts um 62km/h auf einer kurvigen und unübersichtlichen Bergstrasse sowie Tempoexzess innerorts um 57km/h) können die Videoaufnahmen ohne weiteres verwendet werden, da es sich dabei um schwere Straftaten handelt (E. 1.5.3).

Teilweise anders verhält es sich bei den groben Verkehrsregelverletzungen. Eine solche wurde bisher vom Bundesgericht noch nicht als „schwere Straftat“ bewertet. Zwei der Vergehen des Beschwerdeführers hebt das Bundesgericht hervor:

Just nach dem oben erwähnten Raserdelikt (Tempoexzess um 57km/h) überholte der Beschwerdeführer ein drittes Fahrzeug und beendete das Überholen nur knapp vor einem entgegenkommenden Motorradfahrer. Bei einer anderen Fahrt fuhr der Beschwerdeführer in einer unübersichtlichen Rechtskurve vollständig auf der linken Fahrbahn. Wäre ein Fahrzeug entgegengekommen, wäre eine Kollision unausweichlich gewesen. Dabei fuhr er auch ohne Berechtigung. Auch wenn die Vorinstanz diese beiden Manöver als grobe Verkehrsregelverletzung qualifizierte, handelt es sich dabei um „schwere Straftaten“. Zwar unterscheiden sich die Tatbestände von Art. 90 Abs. 2 und 3 SVG hinsichtlich des Ausmasses der Rechtsgutgefährdung. Während die grobe Verkehrsregelverletzung eine ernstliche Gefahr voraussetzt, fordert Abs. 3 das Risiko eines Unfalles mit Todesopfern oder Schwerverletzten. Beide oben genannten groben Verkehrsregelverletzungen hätten aber schlimme Folgen haben können. Bei einer Frontalkollision mit dem Motorradfahrer bzw. einem anderen Verkehrsteilnehmer auf der linken Fahrbahn ist es notorisch, dass es Schwerverletzte oder Tote geben kann. Deshalb betrachtet das Bundesgericht auch diese groben Verkehrsregelverletzungen als „schwere Straftaten“ gemäss Art. 141 Abs. 2 StPO. Die Videoaufnahmen durften also bzgl. diesen Vergehen (und dem Fahren ohne Berechtigung) verwertet werden, nicht aber für die übrigen groben Verkehrsregelverletzungen, weil es bei diesen keine „besonderen Vorkommnisse“ gab (E. 1.5.4).

Drei neue Urteile des Bundesgerichts zum Schnellfahren in gedrängter Form

Urteil 6B_410/2023: Quasi-Halterschaft bei Einzelfirmen

Bei diesem Urteil geht es um etwas, das täglich tausendmal auf Schweizer Strassen geschieht, nämlich eine Geschwindigkeitsüberschreitung. Die Haltereigenschaft ist grds. ein Indiz für die Lenkerschaft. Gilt das aber auch für Inhaber von Einzelfirmen, auf welche ein Fahrzeug eingelöst ist?

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Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen auf der Autobahn im 80er-Bereich 32km/h zu schnell gefahren zu sein. Obwohl auf dem Lenkerermittlungs-Formular der Polizei eine andere Person angegeben wurde, wurde ihm die Busse auferlegt. Diesbzgl. rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes, denn aus seiner Sicht hätte die Strafbehörde Ermittlungen zur angegebenen in Italien lebenden Person treffen müssen. Da der Beschwerdeführer aber keine weiteren Angaben zu dieser Person machte und aufgrund des Radarfotos ziemlich klar war, dass der Beschwerdeführer das Fahrzeug lenkte, mussten in antizipierter Beweiswürdigung keine weiteren Ermittlungen mehr aufgenommen werden (E. 3).

Der Beschwerdeführer ist sodann der Meinung, dass die Vorinstanz die Beweise falsch würdigt, wenn sie von einer frappanten Ähnlichkeit zwischen ihm und dem Radarfoto ausgeht. Dazu legt der Beschwerdeführer auch zwei Privatgutachten aus Deutschland vor. Da aber der Beweiswert von Privatgutachten relativ klein und mit einer Parteibehauptung zu vergleichen ist und die Vorinstanz an der Berufungsverhandlung sich persönlich einen Eindruck vom Beschwerdeführer machen konnte, durfte sich davon ausgehen, dass er auf dem Radarfoto ist (E. 4.2).

Sodann rügt der Beschwerdeführer es als fehlerhaft, dass man ihn als Quasi-Halter des Fahrzeuges bezeichnet. Das Auto ist auf seine Firma eingelöst. Im Handelsregister ist er die einzige eingetragene Person. Die Rechtsprechung, nach welcher die Haltereigenschaft ein Indiz für die Lenkerschaft bei einer Widerhandlung ist, bezieht sich grds. auf natürliche Personen. Die Firma des Beschwerdeführers beschäftigt nach seiner Aussage zwei bis fünf Personen, wobei er für die Geschäftsfahrzeuge verantwortlich sei und nicht jeder Mitarbeiter einfach einen Fahrzeugschlüssel nehmen könnte. Daraus folgert die Vorinstanz, dass der Beschwerdeführer seine Firma alleine beherrscht. Damit rechtfertigt sich eine analoge Anwendung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach bei natürlichen Personen die Haltereigenschaft ein Indiz für die Täterschaft sein kann. Die „Quasi-Haltereigenschaft“ des Beschwerdeführers darf also als Indiz für seine Lenkerschaft berücksichtigt werden (E. 4.3).

Schliesslich wurde i.c. auch der Grundsatz „nemo tenetur se ipsum accusare“ nicht verletzt. Der Beschwerdeführer schwieg sich im Strafverfahren mehrheitlich aus, auch wenn er zum Lenker allenfalls noch mehr Angaben hätte machen können. Aufgrund der Beweiswürdigung zum Foto und der Quasi-Haltereigenschaft durfte die Vorinstanz von der Täterschaft des Beschwerdeführers ausgehen (E. 4.4).



Urteil 7B_131/2022: Wenn das Messgerät falsch eingesetzt wird… (gutgh. Beschwerde)

Auch in diesem Urteil geht es um eine Geschwindigkeitsmessung. Es setzt sich mit den rechtlichen Folgen auseinander, wenn die Polizei Zubehör von einem Geschwindigkeitsmessgerät nicht richtig einsetzt.

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Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, ausserorts die Tempolimite von 80km/h um 53km/h überschritten zu haben. Er rügt aber, dass der Sachverhalt falsch festgestellt wurde (ausführlich zu den Voraussetzungen zur Willkür-Rüge in E. 2.1) bzw. das Resultat der Geschwindigkeitsmessung zu Unrecht von der Vorinstanz als Beweis verwertet wurde. Bei der Geschwindigkeitsmessung wurde ein Robot Traffistar SR 590 eingesetzt. Dieses Gerät war auch vom METAS geeicht. Die Polizisten setzten bei der Messung auch eine mobile Messkabine ein. Gemäss einer Stellungnahme vom METAS wurde diese Kabine nicht so eingesetzt, wie es das Zulassungszertifikat vorschreibt. Die Messkabine wurde modifiziert, wobei gemäss einer Stellungnahme der Polizei keine eichungsrelevanten Teile betroffen waren. Trotzdem war das METAS der Ansicht, dass die Modifikation bedenklich war, weil Geschwindigkeitsmesssysteme grundsätzlich so eingesetzt werden müssen, wie sie zugelassen wurden. Das METAS führte aber auch aus, dass durch eine gutachterliche Auswertung des Bildmaterials die gefahrene Geschwindigkeit ausgewertet werden könnte. Darauf ging die Vorinstanz allerdings gar nicht ein. Aus diesem Grund erachtet es das Bundesgericht als unhaltbar, wenn die Vorinstanz die Geschwindigkeitsmessung mit dem modifizierten Gerät als zweifelsfrei bezeichnet. Es gibt aber keinen Freispruch, sondern die Sache wird an die Vorinstanz zur Ergänzung des Beweisverfahrens zurückgewiesen.


Urteil 6B_68/2023: Social Media als Fundgrube für Raserdelikte (gutgh. Beschwerde)

Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob Videos von sozialen Netzwerken als Beweise für den Nachweis von Raserdelikten herhalten können, auch wenn der gefilmte Lenker wohl nicht mit der Veröffentlichung des Videos im Internet einverstanden war. Es geht um eine massive Beschleunigungsfahrt.

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Dem Urteil liegt eine massive Geschwindigkeitsüberschreitung zu Grunde, wobei der Lenker und Beschwerdegegner 2 ausserorts bis zu 198km/h beschleunigte, während sein Beifahrer und Beschwerdegegner 1 ihn dabei filmte. Letzterer veröffentlichte ein Video der Tat auf einem sozialen Netzwerk. Die Vorinstanz war der Meinung, dass das Video nicht verwertet werden könne und sprach die Beschuldigten frei. Dagegen führt die Staatsanwaltschaft erfolgreich Beschwerde.

Rechtswidrig erlangte Beweise dürfen nicht verwertet werden, es sei denn, ihre Verwertung sei zur Aufklärung schwerer Straftaten unerlässlich (Art. 141 Abs. 2 StPO). Zunächst geht das Bundesgericht ausführlich auf seine Rechtsprechung ein, wann von Privaten rechtswidrig erlangte Beweise trotzdem verwertet werden dürfen. Um es kurz zu machen, es braucht (E. 2.1)

1. Strafbehörden hätten die Beweise auch rechtmässig erlangen können.
2. Interessensabwägung zwischen Strafverfolgungs- und privaten Interessen spricht für Verwertung
3. Es liegt eine schwere Straftat vor (Grds. Verbrechen, aber Einzelfall massgeblich)

Die Vorinstanz ging davon aus, dass das Video rechtswidrig aufgenommen wurde, weil der Lenker zwar bemerkt haben muss, dass er gefilmt wird, aber nicht damit rechnen musste, dass das Video im Internet landet. Nach Ansicht der Vorinstanz hätte die Polizei das Video bzw. ein vergleichbares Beweismittel auch nicht rechtmässig erlangen können, da die Geschwindigkeitsüberschreitung nur 13 Sekunden gedauert habe, zu kurz, um ein Video aufzunehmen. Und die Raserfahrt war – trotz hohem Tempo – keine schwere Straftat, da die Beschleunigungsfahrt auf gerader und übersichtlicher Strecke stattfand, kein Verkehr und gute Strassenbedingungen herrschten.

Das lässt das Bundesgericht nicht gelten. Zunächst sind Raserdelikte als Verbrechen schwere Straftaten gemäss Art. 141 Abs. 2 StPO. Sodann bezeichnet das Bundesgericht das öffentliche Interesse an der Aufklärung des Raserdelikts als viel grösser, als das private Interesse des Lenkers, dass das wohl mit seiner Zustimmung aufgenommene Video nicht auf sozialen Medien geteilt wird. Diese allfällige datenschutzrechtliche Persönlichkeitsverletzung bezeichnet das Bundesgericht gar als marginal. Und zudem traut das Bundesgericht einer allfälligen Polizeipatrouille auch zu, trotz kurzer Deliktsdauer, ein Video davon zu machen.

Das Video ist verwertbar, die Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird gutgeheissen.