BGE 6B_1391/2019: Selbstständigkeit i.S.d. ARV 1 (gutgh. Beschw.)
Der Entscheid befasst sich mit der Frage, wann LKW-Fahrer als selbstständig gelten und damit gewisse Verpflichtungen aus der ARV 1 auf sie nicht zutreffen, z.B. Pausen nach Art. 8 Abs. 3 ARV, das Führen eines Arbeitsbuches nach Art. 15 ARV sowie die Überwachung durch den Arbeitgeber nach Art. 16 ARV.
Die Beschwerdeführer stellen sich auf den Standpunkt, dass sie selbstständig sind i.S.v. Art. 2 lit. b ARV. Nach der Legaldefinition ist selbstständig, wer nicht in einem Anstellungsverhältnis steht und alleine über den Einsatz des Fahrzeuges entscheiden kann. Das gilt nach dem Wortlaut der Bestimmung dann auch für den Ehegatten sowie die Verwandten in auf- und absteigender Linie sowie für die Stiefkinder.
Die Vorinstanz stellte sich auf den Standpunkt, dass die GmbH der Beschwerdeführer Halterin der Fahrzeuge sei und damit alleine die juristische Person über deren Einsatz entscheiden könne i.S.v. Art. 2 lit. b ARV, auch wenn zwei der drei Beschwerdeführer zur Einzelunterschrift berechtigt seien. Als Geschäftsführer würden diese als Vertreter ihrer GmbH stellvertretend entscheiden und nicht für sich selber. Die Beschwerdeführer gelten insofern nicht als Betriebsinhaber (E. 1.3).
Kurz und prägnant widerspricht das Bundesgericht dieser vorinstanzlichen Ansicht. Es hat die Rechtsverhältnisse zwischen einer juristischen Person und ihren Organen wiederholt beurteilt. Tendenziell sind Direktoren Arbeitnehmer, Verwaltungsräte eher Beauftragte. Für die Annahme eines Arbeitsvertrages ist entscheidend, ob ein Organ Weisungen erhält, z.B. vom Verwaltungsrat, und insofern ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Ein solches liegt nicht vor, zwischen einer juristischen Person und dem diese in wirtschaftlicher Hinsicht beherrschenden Organ, z.B. beim Mehrheitsaktionär. Nicht ausschlaggebend für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses sind formelle Kriterien wie das Erbringen von sozialversicherungsrechtlichen Leistungen als Arbeitnehmer. Die Vorinstanz stellte fest, dass einer der Beschwerdeführer der Geschäftsführer der GmbH ist. Dass er in dieser Position Weisungen erhalte, wurde aber nicht festgestellt. Er hat deshalb als selbstständigerwerbend zu gelten i.S.v. Art. 2 lit. b ARV. Dasselbe gilt nach dem Wortlaut des vorgenannten Artikels auch für die anderen Beschwerdeführer, die Ehegattin und den Sohn des Geschäftsführers (E. 1.4).
Die Beschwerde wird gutgeheissen.