Strafzumessung

BGE 6B_778/2020: Zweimal in der Probezeit

Der Beschwerdeführer wurde aufgrund einer Geschwindigkeitsüberschreitung wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln verurteilt, wobei eine frühere bedingte Geldstrafe widerrufen und eine Gesamtstrafe von 120 Tagessätzen verhängt wurde. Die Berufungsinstanz reduzierte die Geldstrafe auf 80 Tagessätze. Der Beschwerdeführer verlangt aber 40 Tagessätze. Er rügt, dass die Vorinstanz eine willkürliche Strafzumessung vorgenommen habe. Diese wiederum ist der Ansicht, dass ein schweres Verschulden vorliege, zumal der Beschwerdeführer erst seit sieben Monate im Besitz des FAP und somit kein geübter Automobilist war. Die erneute Delinquenz innerhalb der Probezeit zeige zudem, dass der Beschwerdeführer durch die erste Bestrafung nicht eines besseren belehrt wurde (E. 2.1/2).

Die Strafzumessung liegt im Ermessen des Sachgerichts, wobei das BGer nur eingreift, wenn ein Ermessensmissbrauch vorliegt. Muss ein Gericht ein Urteil begründen, so muss es gemäss Art. 50 StGB auch seine Überlegungen zur Strafzumessung nachvollziehbar darlegen (E. 2.3).

Die Argumente des Beschwerdeführers vermögen das BGer nicht zu überzeugen. Weder die Eizelfallumstände, gute Sicht, trockene Fahrbahn, wenig Verkehrsteilnehmer, Ausserortsstrasse, noch der Umstand, dass seine Mutter zuhause zusammengebrochen sei, vermögen einen Ermessensmissbrauch der Vorinstanz zu begründen. Auch der Hinweis auf die Strafzumessungsempfehlungen der SSK durch den Beschwerdeführer ist unbehelflich, denn wie er selber erkennt, handelt es sich dabei um unverbindliche Empfehlungen.

Das BGer weist die Beschwerde ab.

Begründung vom Strafmass

BGE 6B_502/2019: Fussgänger übersehen, Strafmass (teilw. Gutgeheissene Beschwerde)

Die Beschwerdeführerin übersah einen Fussgänger, der von links nach rechts über die Fahrbahn ging. Wäre dieser nicht stehen geblieben, wäre es zur Kollision gekommen. Das BGer bestätigt den Schuldspruch wegen grober Verkehrsregelverletzung, heisst die Beschwerde aber bzgl. der Strafzumessung gut.

Die Beschwerdeführerin hat durch ihre Unaufmerksamkeit eine erhöht abstrakte Gefahr für den Fussgänger geschaffen, weshalb der die Verurteilung wegen grober Verkehrsregelverletzung bestätigt wird (E. 2).

Die Beschwerdeführerin rügt, dass die Berufungsinstanz keine eigene Strafzumessung vorgenommen habe, sondern auf die Strafzumessung der Vorinstanz verweist (E. 3.1). Die Strafzumessung ist nach Art. 50 StGB nachvollziehbar zu begründen (E. 3.3.1). In Bezug zu einer bedingten Geldstrafe hat die Verbindungsbusse eine untergeordnete Bedeutung und darf sich nicht straferhöhend auswirken (E. 3.3.2).

Die Strafzumessung der Vorinstanz verstösst in versch. Hinsicht gegen Bundesrecht. Das Berufungsgericht fällt einen eigenen Entscheid, der den Entscheid der Vorinstanz ersetzt. Sie muss auch eine eigene Strafe festsetzen und nachvollziehbar begründen. Vorliegend war dies nicht der Fall. Ebenfalls sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Verschulden der Beschwerdeführerin mittelschwer ist. Das Bezirksgericht begründete das Strafmass mit Umständen, die bereits Merkmal des Straftatbestandes sind. Damit wird gegen das Doppelverwertungsverbot verstossen. Die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale sind aber Voraussetzung für einen Schuldspruch und dürfen bei der Strafe nicht nochmals berücksichtigt werden. Ebenso war die erstinstanzliche Verbindungsbusse mit CHF 8’000.00 nicht mehr schuldangemessen (E. 3.4). Bzgl. Strafe wird die Beschwerde gutgeheissen.

Strafzumessung bei Geschwindigkeitsüberschreitung

BGE 6B_510/2019: (teilw. Gutgh. Beschwerde)

Der Entscheid ist interessant, weil er sich auch zu den Strafmassempfehlungen der SSK äussert, die wohl durchs Band von allen Juristen verwendet werden.

Der Beschwerdeführer überschritt die Geschwindigkeit auf einer Autostrasse um 40km/h. Die Staatsanwaltschaft bestrafte ihn mit 60 TS, was auch den Empfehlungen der SSK entspricht. Das erstinstanzliche Gericht reduzierte die Geldstrafe auf 20 TS. Die Staatsanwaltschaft verlangte daraufhin mit Berufung die Bestrafung mit 60 TS, das Obergericht Kt. AG bestrafte sogar mit 100 TS.

Zur groben Verkehrsregelverletzung: Der Beschwerdeführer wehrt sich zu Recht nicht gegen die Verurteilung nach Art. 90 Abs. 2 SVG. Nach der gefestigten Rechtsprechung zum Schematismus liegt i.c. eine grobe Verkehrsregelverletzung vor (E. 3.2). Die Unterscheidung zwischen grobfahrlässiger und eventualvorsätzlicher Tatbegehung kann durchaus eine Auswirkung auf das Strafmass haben (E. 3.3). Die Vorinstanz durfte i.c. willkürfrei von einer eventualvorsätzlichen Tatbegehung ausgehen (E. 3.4-6).

Zum Strafmass: Der Beschwereführer ist der Ansicht, dass die Vorinstanz ihr Ermessen überschritt, indem Sie eine Geldstrafe von 100 TS ansetzt. Es liegt im Ermessen des Sachgerichts, in welchem Umfang es die verschiedenen Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt. Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur in die Strafzumessung ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen beziehungsweise in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (E. 4.2). Die SSK empfiehlt bei der vorliegenden Geschwindigkeitsüberschreitung ein Strafmass von 60 TS. Die Empfehlungen haben Richtlinienfunktion und dienen dem Gericht als Orientierungshilfe, ohne es dabei zu binden (E. 4.3). Die Vorinstanz bestraft ohne weitere Begründung mit 100 TS und einer Einsatzstrafe von 120 Tagen. Die Strafe ist doppelt so hoch, wie die Empfehlung gemäss SSK und der Antrag der Staatsanwaltschaft. Dadurch verletzt das Obergericht Bundesrecht bzw. Art. 47 StGB, insb. weil bei Geschwindigkeitsüberschreitungen ein grosses Interesse an einer rechtsgleichen Behandlung besteht (E. 4.4).

Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen.