Strafbarkeit des Begleiters einer Lernfahrt

BGE 6B_1387/2016: Strafbarkeit des Begleiters auf Lernfahrt (Bestätigung Rechtsprechung)

Ein junges Pärchen gerät ins Visier der Strafbehörden. Sie fährt mit einem Lernfahrausweis, er sitzt daneben mit dem Führerausweis auf Probe und 1.57% Blutalkoholkonzentration. Am Auto war kein L-Zeichen angebracht. Das BGer bestätigt die kantonale Urteile u.a. wegen Übernahme der Funktion einer Begleitperson ohne die Voraussetzungen zu erfüllen und FiaZ.

E. 2.2: Für strafbare Handlungen auf Lernfahrten ist der Begleiter verantwortlich, wenn er die Pflichten verletzt hat, die ihm als Folge der Übernahme der Begleitung oblagen. Der Fahrschüler ist verantwortlich, soweit er eine Widerhandlung nach dem Stand seiner Ausbildung hätte vermeiden können (Art. 100 Ziff. 3 SVG). Dabei kommt es nach der Doktrin nicht darauf an, ob der Mitfahrer die tatsächlichen Anforderungen an eine Begleitperson tatsächlich erfüllt. Es genügt, dass er die Aufgabe des Begleiters effektiv übernimmt. Erfüllt er die Voraussetzungen von Art. 15 Abs. 1 SVG nicht, macht er sich zusätzlich nach Art. 95 Abs. 3 lit. b SVG schuldig.

Des Führens eines Motorfahrzeuges im angetrunkenen Zustand im Sinne von Art. 91 SVG macht sich nach der Rechtsprechung auch der Begleiter bei einer Lernfahrt schuldig. Dieser ist von Gesetzes wegen an der Führung des Fahrzeuges durch den Fahrschüler beteiligt.

Motorrad ohne Licht als Unfallgegner, Vertrauensgrundsatz

BGE 6B_1211/2016: Das Motorrad ohne Licht als Unfallgegner (Bestätigung Freispruch)

Der Beschwerdegegner – der Motorrad führt Beschwerde gegen den Freispruch des Autofahrers – bog bei fortgeschrittener Dämmerung auf einer Hauptstrasse nach links ab, übersah dabei den entgegenkommenden und grds. vortrittsberechtigten Motorradfahrer, da dessen Vorderlicht nicht funktionierte und dieser auch noch Dunkel gekleidet war. Das Bundesgericht bestätigt den letztinstanzlichen, kantonalen Freispruch vom Vorwurf der Vortrittsmissachtung bzw. fahrlässiger Körperverletzung.

E. 3.2: „[Der Autofahrer] habe auch nicht damit rechnen müssen, dass ihm ein Motorradfahrer ohne funktionierendes Vorderlicht und damit vorschriftswidrig entgegenkommen würde. Anlässlich des Abbiegemanövers habe der Beschwerdegegner seine Aufmerksamkeit alsdann nicht nur auf die Gegenfahrbahn, sondern auch auf die Einspurstrecke bzw. die Einfahrt in die Sernftalstrasse samt dortigem Fussgängerstreifen, mithin auf verschiedene Stellen gleichzeitig richten müssen, wobei in dubio pro reo davon auszugehen sei, dass er dies auch getan habe. In einer solchen Situation könne vom abbiegenden Beschwerdegegner nicht verlangt werden, dass er an einem Ort etwas erkenne, was nur schwer sichtbar sei. Seine Verteidigung weise zutreffend darauf ihn, dass ein Autolenker sich bei Dunkelheit bei seinem Abbiegemanöver in Bezug auf das Vortrittsrecht primär an beleuchteten Fahrzeugen orientiere und dass der Entscheid, Vortritt zu gewähren oder loszufahren, in der Regel innert kurzer Zeit getroffen werde. Daher könne dem Beschwerdegegner keine Sorgfaltspflichtverletzung vorgeworfen werden, wenn er bei der Kontrolle der Gegenfahrbahn aufgrund der gesamten Umstände nur Dunkelheit und kein Licht erblickt habe und deshalb davon ausgegangen sei, dass kein Gegenverkehr nahe, dem er Vortritt hätte gewähren müssen. Für eine mangelnde Aufmerksamkeit oder ein anderes pflichtwidriges Verhalten bestünden im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte.“

Vereitelung, Geschwindigkeitsschematismus, der Drifter als Raser?

BGE 6B_1323/2016: Vereitelung – Nach Unfall darf man nicht trinken (Bestätigung Rechtsprechung)

Der Titel sagt es bereits, nach einem Unfall mit Sachschaden darf man einfach nichts mehr Trinken, ansonsten man wegen Vereitelung drankommt.

E. 1.2: „Die Unterlassung der sofortigen Meldung eines Unfalls an die Polizei erfüllt den objektiven Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe, wenn (1) der Fahrzeuglenker gemäss Art. 51 SVG zur sofortigen Meldung verpflichtet ist, (2) die Meldepflicht der Abklärung des Unfalls und damit allenfalls auch der Ermittlung des Zustands des Fahrzeuglenkers dient (Zweckzusammenhang), (3) die Benachrichtigung der Polizei möglich war und wenn (4) bei objektiver Betrachtung aller Umstände die Polizei bei Meldung des Unfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Blutprobe angeordnet hätte (BGE 142 IV 324 E. 1.1.1; 126 IV 53 E. 2a; 125 IV 283 E. 3). Während die Wahrscheinlichkeit der Anordnung einer Blutprobe nach der bisherigen Rechtsprechung von den konkreten Umständen des Falles (Art, Schwere und Hergang des Unfalls, Zustand sowie Verhalten des Fahrzeuglenkers vor und nach dem Unfall) abhängig gemacht wurde (BGE 131 IV 36 E. 2.2.1; 126 IV 53 E. 2a), muss nach der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich bereits mit der Anordnung einer Alkoholkontrolle gerechnet werden, wenn ein Fahrzeugführer in einen Unfall verwickelt ist (BGE 142 IV 324 E. 1.1.2 f.).“

 

BGE 6B_444/2016: Schematismus bei GÜ (Verschärfung)

Der Beschwerdeführer fuhr auf der Autobahn N1 in einem mit einer Höchstgeschwindigkeit von 80km/h signalisierten Baustellenbereich mit 119km/h, nach Toleranzabzug 33km/h zuviel. Das Bundesgericht bestätigt die Verurteilung gemäss SVG 90 II der kantonalen Instanzen.

E. 1.1: Zunächst folgen Ausführungen zum bereits etablierten Schematismus:

„Dans le domaine des excès de vitesse, la jurisprudence a été amenée à fixer des règles précises afin d’assurer l’égalité de traitement. Ainsi, le cas est objectivement grave au sens de l’art. 90 al. 2 LCR, sans égard aux circonstances concrètes, en cas de dépassement de la vitesse autorisée de 25 km/h ou plus à l’intérieur des localités, de 30 km/h ou plus hors des localités et sur les semi-autoroutes dont les chaussées, dans les deux directions, ne sont pas séparées et de 35 km/h ou plus sur les autoroutes.“

E. 1.3: Danach stellt es aber fest, dass die GÜ in einem Baustellenbereich begangen wurde, wo nicht die normale Höchstgeschwindigkeit von 120km/h, sondern 80km/h galt. Die „magische Grenze“ von 35km/h zuviel für die grobe Verkehrsregelverletzung gelte aber nur für den Normalbereich von 120km/h. Wenn auf der Autobahn 80km/h als Höchstgeschwindigkeit gelte, so sei dies eher mit einer Ausserortsstrecke vergleichbar, insb. wenn die Limite wegen einer Baustelle gilt. Insofern gelte dann die „magische Grenze“ für Ausserortsstrecken von 30km/h auch für die Autobahn für die Annahme einer groben Verkehrsregelverletzung.

„Dans certaines situations, un tronçon autoroutier régi par une limite de vitesse inférieure à 120 km/h, plus particulièrement en cas de limitation à 80 km/h, est comparable, eu égard au danger potentiel, à une route située en dehors d’une localité et non à une autoroute. Cela signifie qu’en matière d’excès de vitesse, ce sont les principes développés par la jurisprudence pour les routes situées en dehors des localités qui doivent, en règle générale, être appliqués (cf. ATF 128 II 131 consid. 2b). En l’espèce, le tronçon autoroutier était limité à une vitesse maximale de 80 km/h en raison de travaux. Des ouvriers travaillaient derrière un grillage apposé sur une bande herbeuse. La bande d’arrêt d’urgence était fermée afin de permettre aux ouvriers de travailler et de décharger leur matériel. Les usagers disposaient de deux voies dans le sens de la marche (arrêt attaqué, p. 3 let. f). La présence d’un chantier et d’ouvriers impliquait un danger particulier. Dans une telle configuration, il convient de considérer que le tronçon, quand bien même les usagers disposaient de deux voies dans le même sens de marche, s’apparente à une route hors localité. Le dépassement de vitesse litigieux de 33 km/h est supérieur à 30 km/h qui constitue le seuil pour le cas grave hors localité et peut par conséquent être objectivement qualifié de grave.“

 

BGE 6B_876/2016: Wer driftet, ist kein Raser

Der Beschwerdegegner beschleunigte seinen 580 PS starken Audi RS6 in Zürich an einer Ampelanlage in massiver Weise, um nach rechts in die anschliessende Strasse zu driften. Dabei verlor er die Herrschaft über seinen Boliden und wurde dabei schwer verletzt, sein Beifahrer leicht. Die obere kantonale Instanz (ZH) verurteilte den Lenker gemäss SVG 90 II. Die Oberstaatsanwaltschaft führt Beschwerde mit dem Begehren, den Beschwerdegegner als Raser gemäss Art. 90 Abs. 3 SVG – Vorsatz erforderlich – zu verurteilen. Das BGer weist die Beschwerde ab.

E. 3 – Abgrenzung (Eventual)Vorsatz von bewusster Fahrlässigkeit

E. 4 – Subsumption: „[Die Beschwerdeführerin] verkennt, dass gemäss gefestigter bundesgerichtlicher Rechtsprechung insbesondere bei Unfällen im Strassenverkehr nicht ohne Weiteres aus der (hohen) Wahrscheinlichkeit des Eintritts des tatbestandsmässigen Erfolgs auf dessen Inkaufnahme geschlossen werden kann. Ein Fahrzeuglenker droht – wie vorliegend auch – durch sein gewagtes Fahrverhalten meistens selbst zum Opfer zu werden. Erfahrungsgemäss neigen Fahrzeuglenker dazu, einerseits Gefahren zu unterschätzen und andererseits ihre eigenen Fähigkeiten zu überschätzen, weshalb ihnen häufig das Ausmass des Risikos der Tatbestandsverwirklichung nicht bewusst ist. Einen unbewussten Eventualdolus aber gibt es nicht (vgl. BGE 133 IV 9 E. 4.4 S. 20; Urteil 6B_411/2012 vom 8. April 2013 E. 1.3; je Hinweisen).

Dass der Beschwerdegegner sich im physikalischen Grenzbereich befand, wie die Beschwerdeführerin mehrfach betont, ist dem „Driften“ immanent und spricht nicht gegen die vorinstanzliche Annahme, der Beschwerdeführer habe in Selbstüberschätzung und Verkennung der aus seinem Fahrmanöver resultierenden Gefahren im Sinne bewusster (und grober) Fahrlässigkeit darauf vertraut, sein Fahrzeug kontrolliert durch die Kurve zu manövrieren.“

Vortrittsmissachtung

BGE 1C_403/2016: Vortrittsmissachtung beim Spurwechsel mit Kollisionsfolge ist mittelschwere Widerhandlung

Nichts Neues, interessant aber die Ausführungen zum Vortritt in der Rush Hour:

E. 2.1.: „Um den besonderen Verhältnissen bei hohem Verkehrsaufkommen Rechnung zu tragen, lässt die neuere Rechtsprechung zu, dass eine relevante Behinderung ausnahmsweise erst dann angenommen wird, wenn der vortrittsberechtigte Fahrer seine Fahrweise brüsk ändern muss, d.h. er zu brüskem Bremsen, Beschleunigen oder Ausweichen gezwungen wird (vgl. BGE 114 IV 146 S. 147 f.; Urteil 6B_821/2014 vom 2. April 2015 E. 1.3; je mit Hinweisen). So kann im dichten Innerortsverkehr in gewissen Situationen ein Verzicht auf das Vortrittsrecht im Interesse der Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs angezeigt sein. Namentlich bei besonders schwierigen Situationen des Wartepflichtigen kann wünschbar sein, dass ihm ein Vortrittsberechtigter durch Verlangsamen der Fahrt das Einbiegen ermöglicht, wenn dies ohne Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer geschehen kann. Im Interesse der Rechtssicherheit und der Verkehrsflüssigkeit auf den vortrittsberechtigten Fahrbahnen ist aber auch in solchen Fällen nur mit grösster Zurückhaltung anzunehmen, ein Wartepflichtiger habe das Vortrittsrecht nicht vollständig zu respektieren (vgl. BGE 105 IV 341 E. 3a S. 340 f.; 6B_453/2012 19. Februar 2013 E. 2.2.2 mit Hinweisen).“

Das rechtsüberholende Velo

BGE 6B_164/2016: Präzisierung Rechtsprechung; Das rechtsüberholende Velo

Im Juni 2012 biegt ein Sattelschlepper mit Anhänger in Luzern rechts ab und überrollt dabei den ihn rechts überholenden Velofahrer. Der LKW-Fahrer wird erstinstanzlich wegen fahrlässiger Tötung schuldig gesprochen, was von der oberen kantonalen Instanz bestätigt wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wird vom BGer gutgeheissen.

Zur fahrlässigen Tötung E. 2.1: „Ein Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung setzt somit voraus, dass der Täter den Erfolg durch Verletzung einer Sorgfaltspflicht verursacht hat. Dies ist der Fall, wenn der Täter im Zeitpunkt der Tat auf Grund der Umstände sowie seiner Kenntnisse und Fähigkeiten die Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte erkennen können und müssen, und wenn er zugleich die Grenzen des erlaubten Risikos überschritten hat.“

Zum Überholmanöver des Velofahrers: „Nach Art. 42 Abs. 3 VRV dürfen Radfahrer rechts neben einer Motorfahrzeugkolonne vorbeifahren, wenn genügend freier Raum vorhanden ist; das slalomartige Vorfahren ist untersagt. Sie dürfen die Weiterfahrt der Kolonne nicht behindern und sich namentlich nicht vor haltende Wagen stellen. Die Vorschriften zum Überholen sind sinngemäss auch auf das Vorbeifahren im Sinne von Art. 42 Abs. 3 VRV anwendbar (STEFAN MAEDER, in: Basler Kommentar, Strassenverkehrsgesetz, 2014, N. 19 zu Art. 35 SVG). Das Bundesgericht hat in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass nach Art. 42 Abs. 3 VRV Radfahrer selbst dann an Fahrzeugen rechts vorbeifahren dürfen, wenn diese das rechte Blinklicht eingeschaltet haben (BGE 127 IV 34 E. 3c/aa; Urteil 6S.293/1999 vom 23. November 1999 E. 4a). Dies ist zu präzisieren. Art. 35 SVG enthält keine Sondervorschrift für das Überholen von Rechtsabbiegern, weshalb dieses Manöver nach Art. 35 Abs. 3 SVG zu beurteilen ist (HANS GIGER, SVG Kommentar, 8. Aufl. 2014, N. 29 zu Art. 35 SVG; siehe auch STEFAN MAEDER, a.a.O, N. 80 zu Art. 35 SVG). Ein Fahrzeugführer, der in einer sich bewegenden Fahrzeugkolonne mittels der entsprechenden Richtungsanzeige die Absicht signalisiert, nach rechts abbiegen zu wollen, wird von einem rechtsvorbeifahrenden Velofahrer behindert, wenn Letzterer nicht vorbeifahren kann, ohne den Weg des abbiegenden Fahrzeugs schneiden zu müssen. In diesem Fall erlaubt Art. 35 Abs. 3 SVG kein rechtsseitiges Vorbeifahren.“

Zum Vertrauensgrundsatz: „Der Beschwerdeführer durfte gestützt auf Art. 26 Abs. 1 SVG darauf vertrauen, beim Abbiegen nicht rechts überholt zu werden. Ihm ist demnach keine Sorgfaltspflichtverletzung vorzuwerfen, womit er sich der fahrlässigen Tötung nicht schuldig gemacht hat.“

Fazit: Velofahrer dürfen in der Kolonne Fahrzeuge nur rechtsüberholen, wenn sie dieses Manöver abschliessen können, bevor der rechtsabbiegende Auto- oder LKW-Fahrer seinerseits sein Abbiegemanöver beginnt.

Blaulicht als Rechtfertigung?, Auflagen, Fahren unter Medikamenteneinfluss, Rechtsfahrgebot

BGE 6B_930/2016: Blaulicht schützt vor Strafe nicht

Der Beschwerdeführer ist Polizist. Er überfuhr mit Blaulicht und Sirene eine rote Ampel und kollidierte mit einem korrekt fahrenden Fahrzeug. Das BGer bestätigt die Verurteilung gemäss SVG 90 II.

Erwägung 1.3: „Missachtet der Führer eines Feuerwehr-, Sanitäts-, Polizei- oder Zollfahrzeugs auf dringlichen oder taktisch notwendigen Dienstfahrten Verkehrsregeln oder besondere Anordnungen für den Verkehr, so macht er sich nicht strafbar, wenn er alle Sorgfalt walten lässt, die nach den Umständen erforderlich ist (Art. 100 Abs. 4). “

„Indem der Beschwerdeführer beim Befahren der Kreuzung seine Aufmerksamkeit ausschliesslich nach rechts richtete und den anderen Bereichen der Kreuzung keine Beachtung schenkte, verletzte er elementarste Sorgfaltsregeln und gefährdete dabei ernstlich andere Verkehrsteilnehmer. Im Übrigen kann auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG). Die Verurteilung wegen fahrlässiger grober Verletzung der Verkehrsregeln verletzt kein Bundesrecht.“

 

BGE 1C_545/2016: Verhältnismässigkeit von Auflagen nach FiaZ

Ein Lenker wird mit einer BAK von 1.8 bis 2.42 Gewichtspromille erwischt. Nach erfolgter Fahreignungsabklärung wird ihm die Fahrerlaubnis wiedererteilt. Nulltoleranz am Steuer, ansonsten sozialverträglicher Alkoholkonsum. Nachkontrolle mit Haarproben. Trotz zwischenzeitlich erfolgtem Sicherungsentzug äussert sich das BGer zur Verhältnismässigkeit der Auflagen:

Erwägung 2.2: „Danach ist der Beschwerdeführer nicht zu einer Totalabstinenz verpflichtet, sondern darf moderat Alkohol konsumieren. Lediglich beim Führen eines Motorfahrzeugs gilt eine Nulltoleranz. Dies erscheint verhältnismässig. Unverhältnismässig erscheint unter den gegebenen Umständen jedoch, die Abstinenzkontrolle nicht mit einer zeitlichen Beschränkung zu versehen.“

 

BGE 1C_536/2016: Nachweis FuM

Bei einer Verkehrskontrolle stellt ein Polizist beim Beschwerdeführer „schläfriges Verhalten und gerötete, wässrige Augen“ fest. Der Drogenschnelltest ist positiv bzgl. Amphetaminen. Der Lenker gab bei der Kontrolle an die Medikamente Paroxetin (Antidepressivum) und Clozapin (Neuroleptikum) einzunehmen. Die Blutprobe war negativ. Trotzdem schloss die Arztperson aufgrund der Medikamenten und der Aussage des Polizisten auf Fahrunfähigkeit.

Der Beschwerdeführer wurde rechtskräftig gemäss Art. 91 Abs. 2 SVG bestraft. Das StVA AG verfügte eine Fahreignungsabklärung ohne vorsorglichen Ausweisentzug. Das Gutachten war positiv und Auflagen waren nicht nötig. In der Folge enzog das StVA AG den Führerausweis für drei Monate wegen dem FuM. Das BGer heisst die dagegen erhobene Beschwerde gut.

Zur Bindung an das Strafurteil E. 3.3.3: „Vorliegend steht indessen keineswegs fest, dass sich der Beschwerdeführer bewusst war, dass er auf Dritte immer einen schläfrigen Eindruck macht. Diese Annahme des Verwaltungsgerichts findet in den Akten keine Stütze. Der Umstand wurde erst von der Gutachterin des PDAG beweismässig erstellt, indem sie den Hausarzt des Beschwerdeführers kontaktierte, dessen Auskunft sich mit ihrer eigenen Feststellung, der Beschwerdeführer wirke etwas träge, deckt. Diese Beweismittel wurden nach dem Erlass des Strafbefehls produziert und sind damit im Administrativverfahren zu berücksichtigen.“

Zur Fahrunfähigkeit: „Die Blutanalyse ergab, dass der Beschwerdeführer, wie er selber zu Protokoll gegeben hatte, ein Antidepressivum und ein Neuroleptikum zu sich genommen hatte und sich diese Medikamente in einer pharmakologisch wirksamen Konzentration in seinem Blut nachweisen liessen. Da indessen die Fahreignung des Beschwerdeführers von einer gut eingestellten Medikation – sie war im Zeitpunkt der Verkehrskontrolle und des PDAG-Gutachtens gleich – abhängt, spricht der Nachweis dieser beiden Medikamente in therapeutischer Konzentration im Blut des Beschwerdeführers nicht gegen, sondern für seine Fahrfähigkeit. Zusammenfassend lassen das Polizeiprotokoll, der Arztbericht und das Kurzgutachten den Schluss nicht zu, dass der Beschwerdeführer, als er in die Verkehrskontrolle geriet, stark übermüdet und fahrunfähig war.“

Fazit: Das sonst so teure und verhasste verkehrsmedizinische Gutachten erwies sich in vorliegendem Fall als Hauptargument gegen eine durch Medikamente verursachte Fahrunfähigkeit. Der Verkehrsmediziner bewies sozusagen rückwirkend die Fahrfähigkeit des Lenkers.

 

BGE 1C_539/2016: Ungenügendes Rechtsfahren mit Streifkollision

Ein Lenker verursacht durch ungenügendes Rechtsfahren eine Streifkollision mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. Er wird gemäss SVG 34 I i.V.m. 90 I gebüsst. Das BGer bestätigt die Annahme einer mittelschweren Widerhandlung (StVA BE), womit der Führerausweis auf Probe annulliert wurde.

Erwägung 3.2.: „Insofern kann es als erwiesen erachtet werden, dass durch die Streifkollision eine Gefahr für die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer hervorgerufen wurde, die nicht mehr nur als leicht eingestuft werden kann. Ein solches Fahrverhalten kann denn auch nach der Rechtsprechung aufgrund der konkreten Gefährdung der Unfallgegner – auch ohne Vorliegen eines tatsächlichen Personenschadens – durchaus einen Führerausweisentzug wegen einer mittelschweren Widerhandlung nach sich ziehen (vgl. Urteil 1C_476/2014 vom 29. Mai 2015 E. 4.3 betreffend Auffahrunfälle).“

Geschwindigkeitsschematismus

BGE 1C_520/2016: Schematismus bei GÜ bestätigt

Ein Taxifahrer wehrt sich gegen den mind. zweijährigen Sicherungsentzug gemäss Art. 16c Abs. 2 lit. 2 SVG. Die massnahmeauslösende Geschwindigkeitsüberschreitung von 37km/h auf der Autobahn sei aufgrund der besonderen Umstände nur als mittelschwere Widerhandlung zu qualifizieren. Er habe seine Kundin schnellstmöglich zu ihrem kranken Kind fahren wollen. Zudem war Nacht und es herrschte wenig Verkehr.

Zunächst bestätigt das BGer den Schematismus: „In Bezug auf Geschwindigkeitsüberschreitungen hat die Rechtsprechung schematische Regeln entwickelt, um zwecks Bestimmung der Mindestentzugsdauer leichte, mittel- und schwere Widerhandlungen voneinander abzugrenzen. Demnach ist objektiv eine schwere Widerhandlung (Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG) ungeachtet der konkreten Umstände, d.h. auch bei günstigen Strassenverhältnissen, gegeben, wenn der Lenker die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn um 35 km/h überschritten hat (vgl. BGE 123 II 106 E. 2c S. 112 f.; mit ausführlicher Begründung bestätigt in Urteil 1C_83/2008 vom 16. Oktober 2008 E. 2.1 [in: JdT 2008 I 447]).“

Zu den bes. Umständen: „Liegen jedoch im Einzelfall besondere Umstände vor, müssen diese mit Blick auf das Verhältnismässigkeitsprinzip bei der Festlegung der Art und Dauer der ausgesprochenen Massnahmen einbezogen werden (BGE 126 II 196 E. 2a S. 199). Dass der Beschwerdeführer die Limite von 35 km/h nur um 2 km/h überschritten hat, gute Strassenverhältnisse und wenig Verkehr herrschten und dass er aus achtenswerten Motiven gehandelt hat, um seine Kundin möglichst rasch nach Hause zu ihrem kranken Kind zu befördern, genügen zur Annahme solcher besonderer Umstände nicht.“

Was rechtfertigt denn eine GÜ überhaupt: „Eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung kann allenfalls in eigentlichen Notstandssituationen, wenn der Schutz hochwertiger Rechtsgüter wie Leib, Leben und Gesundheit von Menschen in Frage steht, gerechtfertigt sein (ausführlich Urteile 1C_4/2007 vom 4. September 2007 E. 2.2 und 6B_7/2010 vom 16. März 2010 E. 2 mit Hinweisen). Eine solche Konstellation, in welcher sich eine derart massive Geschwindigkeitsüberschreitung rechtfertigen liesse, liegt hier indes nicht vor.“

Das BGer bestätigt damit seine Rechtsprechung bzgl. GÜ.

Pflichten beim Losfahren aus Parkplatz, Raserurteil

BGE 6B_633/2016: Der Rosenkrieg – Pflichten beim Losfahren aus Parklücke

Die getrennten Ehegatten X und A treffen sich vor Bundesgericht. Als er aus einem Parkplatz losfährt, fällt sie neben dem Auto hin und verletzt sich. Die Schilderungen über den Unfallhergang widersprechen sich. Das BGer bestätigt die Feststellungen der Vorinstanz bzgl. Art. 26 SVG beim Losfahren aus einer Parklücke in E.4.3:

Dem Beschwerdegegner „…könne kein Vorwurf gemacht werden, dass er seine Aufmerksamkeit ab dem Zeitpunkt, als er aus dem Parkplatz habe fahren wollen, auf den Verkehr auf der Strasse gerichtet habe.“ „Das Wegfahren eines am Strassenrand parkierten Wagens stelle für eine sich auf dem Trottoir und auf der Höhe der Fahrertür aufhaltende Person grundsätzlich keine Gefahr dar, da sich das Auto beim Wegfahren von dieser wegbewege. Der Beschwerdegegner 1 habe sich aufgrund des Vertrauensgrundsatzes gemäss Art. 26 SVG darauf verlassen dürfen, dass auf dem Trottoir stehende Personen sich nicht plötzlich in den Gefahrenbereich des losfahrenden Fahrzeugs begeben würden. Er habe nicht damit rechnen müssen, dass sich die Beschwerdeführerin an der Tür des wegfahrenden Autos festhalten würde.“

Fazit: Fährt man aus einer Parklücke los, muss man nicht damit rechnen, dass plötzlich jemand vors Auto tritt. Hält man sich gar am Auto fest, ist die Gefährdungshaftung gemäss Art. 59 SVG ausgeschlossen.

 

BGE 6B_136/2016: Neues Raserurteil

Der Beschwerdeführer wendete unter Alkoholeinfluss von 1.91% und dem Neuroleptikum Quetiapin bei durch Nebel auf 50m eingeschränkter Sicht auf der Autobahn in Freiburg sein Fahrzeug und fuhr 550m als Geisterfahrer, bevor sein Auto den Geist aufgab. Ebenfalls ist er wiederholt unter Alkoholeinfluss negativ aufgefallen. Er bestreitet u.a. die Verurteilung als Raser nach Art. 90 Abs. 3 SVG. Das BGer zur qualifiziert groben Verkehrsregelverletzung:

„D’autres cas peuvent également entrer en ligne de compte, comme par exemple rouler à contre-sens sur l’autoroute, pour autant que les circonstances, notamment lorsqu’elles sont cumulées avec d’autres violations, les fassent apparaître comme atteignant le degré de gravité extrême requis par la norme. La présence d’alcool et/ou d’autres substances incapacitantes, conjuguée à d’autres infractions pourra également jouer un rôle aggravant permettant de retenir la réalisation de l’infraction.“

Das Bundesgericht stellt zunächst in E. 2.1 fest, dass die Aufzählung der qualifiziert groben Verkehrsregelverletzungen nicht abschliessend ist. Eine Geisterfahrt gilt ebenfalls als qualifiziert grobe Verkehrsregelverletzung, insb. wenn sie durch weitere Delikte, wie FiaZ und FuD, verschlimmert wird. Trotz heftiger Intoxikation bestätigt das Bundesgericht die Auffassung der Vorinstanz, dass der Beschwerdeführer urteilsfähig und (eventual)vorsätzlich gehandelt hat.

ARV-Verstösse im Ausland

BGE 6B_1151/2015: ARV-Verstösse im Ausland

Der Führer eines in Deutschland zugelassenen Reisebusses wird in NW einer Schwerverkehrskontrolle unterzogen. Dabei wurden ARV-Verstösse festgestellt. Die Verstösse wurden in Deutschland und in Polen begangen. Der Lenker bringt hervor, dass die ARV wegen dem Territorialitätsprinzip bei Verstössen im Ausland gar keine Anwendung findet.

Das BGer dazu: Einerseits wird das Territorialitätsprinzip durch Art. 56 SVG durchbrochen. Der Bundesrat hat aufgrund dieser Bestimmung auch die ARV erlassen. Daneben gibt es das Europäische Übereinkommen vom 1. Juli 1970 über die Arbeit des im internationalen Strassenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR). Die Artikel der ARV über Ruhezeit entsprechen jenen des AETR. „Dies hat zur Folge, dass die genannten Bestimmungen der ARV 1 auch in einem Fall wie dem vorliegenden zur Anwendung gelangen, wo die Widerhandlungen mit einem ausländischen Fahrzeug auf ausländischem Staatsgebiet begangen wurden. Entsprechend können die Verstösse gemäss Art. 21 ARV 1 sanktioniert werden.“

The more you know…

Vortritt, Geschwindigkeit, Gesamtgewicht, Anordnung einer Blutprobe

BGE 6B_917/2016: Vortrittsregelung beim Einfügen in den Verkehr

„Eine gewisse Behinderung des Vortrittsberechtigten kann kaum vermieden werden, wenn die Sicht für einen Wartepflichtigen bei einer Einmündung so beschränkt wird, dass er zwangsläufig mit dem Vorderteil seines Wagens in die vortrittsbelastete Verkehrsfläche gelangt, bevor er von seinem Fahrersitz aus überhaupt Einblick in diese erhält. In solchen Situationen ist ein sehr vorsichtiges Hineintasten zulässig, wenn der Vortrittsberechtigte das ohne Sicht langsam einmündende Fahrzeug rechtzeitig genug sehen kann, um entweder selbst auszuweichen oder den Wartepflichtigen durch ein Signal zu warnen. Dabei darf grundsätzlich darauf vertraut werden, dass vortrittsberechtigte Fahrzeuge abbremsen oder sogar anhalten, wenn das einbiegende Fahrzeug aus genügend grosser Entfernung gesehen werden kann“.

Vorliegend fährt ein Lieferwagen auf Handzeichen hin auf ein Strasse um links abzubiegen, ohne einen auf der anderen Spur fahrenden Motorradfahrer zu beachten. Er fuhr einfach los, nicht wie gefordert mit vorsichtigem Hereintasten. Die Beschwerde wird abgelehnt.

 

BGE 6B_969/2016: Vortrittsregelung beim Wenden auf Strasse

„Der Führer, der sein Fahrzeug wenden will, darf andere Strassenbenützer nicht behindern; diese haben Vortritt (Art. 36 Abs. 4 SVG). Wer zur Gewährung des Vortritts verpflichtet ist, darf den Vortrittsberechtigten in seiner Fahrt nicht behindern (Art. 14 Abs. 1 Verkehrsregelnverordnung [VRV; 741.11]). Den Vortrittsberechtigten behindert grundsätzlich, wer ihn zu einem Verhalten veranlasst, zu dem er nicht verpflichtet ist und das er nicht will, ihm also die Möglichkeit nimmt, sich im Rahmen seiner Vortrittsberechtigung frei im Verkehr zu bewegen, namentlich wenn der Berechtigte gezwungen wird, seine Fahrtrichtung oder seine Geschwindigkeit brüsk zu ändern (Urteil 6B_1185/2014 vom 24. Februar 2015 E. 2.2).“ „Die Zeichengebung entbindet den Fahrzeugführer nicht von der gebotenen Vorsicht (Art. 39 Abs. 2 SVG). Muss zur Wende ausgeholt werden, so ist „besonders vorsichtig zu fahren und nötigenfalls anzuhalten“ (Art. 13 Abs. 5 VRV). Die Vorinstanz nimmt an, der Beschwerdeführer habe den Richtungsblinker gestellt, aber bei seinem Wendemanöver die dafür bestehenden, besonders hohen Sorgfaltspflichten sowie das Behinderungsverbot [recte] verletzt (Urteil S. 9).“

Obwohl er links geblinkt hat, wird der Beschwerdeführer dafür verurteilt, den Vortritt des nachfolgenden Verkehrs behindert zu haben. Die Beschwerde wird abgewiesen.

 

BGE 1C_273/2016: Überschreiten des Gesamtgewichts, Administrativmassnahme

„Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung geht es nicht an, das für die Beurteilung des Vorliegens einer erhöhten abstrakten Gefährdung massgebliche Gewicht einzelfallweise zu bestimmen (Urteile 1C_512/2014 vom 24. Februar 2015 E. 3.3; 1C_181/2014 vom 8. Oktober 2014 E. 3.2; 1C_690/2013 vom 4. Februar 2014 E. 3.3). Insbesondere können nachträglich beigebrachte Herstellergarantien, die nicht Grundlage des Typengenehmigungsverfahrens bildeten und somit über keine amtliche Bestätigung verfügen, grundsätzlich keine Berücksichtigung finden. Vielmehr ist in der Regel auf das im Fahrzeugausweis ausgewiesene, der Typengenehmigung entsprechende Gesamtzuggewicht abzustellen (Urteile 1C_181/2014 vom 8. Oktober 2014 E. 3.2; 1C_690/2013 vom 4. Februar 2014 E. 4). Im Urteil 1C_512/2014 vom 24. Februar 2015 präzisierte das Bundesgericht, dass das Vorliegen einer Gefährdung auf der Grundlage des Gewichts zu beurteilen ist, welches das Fahrzeug tatsächlich aufgrund seiner technischen Vorrichtungen zu tragen vermag und von der Kontrollbehörde überprüft und bestätigt worden ist (vgl. E. 3.4.2).“

Eine LKW-Kombination überschritt die 40t-Grenze um 11.25%. Obwohl der Hersteller ein Gesamtzuggewicht von 70t garantiert, ist in der Schweiz die 40t-Grenze bzw. der Fahrzeugausweis massgeblich. Die Gefährdung wird mit der kinetischen Energie, aber auch mit der Infrastruktur, die auf das Höchstgewicht von 40t ausgelegt ist, begründet. Die Beschwerde gegen die Annahme einer leichten Widerhandlung wird abgewiesen.

 

BGE 6B_23/2016: Geschwindigkeitsüberschreitung in Begegnungszone

„Même en deçà de cette limite, le cas peut néanmoins être objectivement grave pour d’autres motifs, par exemple à raison d’une vitesse inadaptée aux circonstances, au sens de l’art. 32 al. 1 LCR, ayant entraîné une perte de maîtrise du véhicule. Il a été relevé de manière répétée qu’il en irait de même dans le cas de celui qui, dans une localité, circulerait à 50 km/h à proximité d’un jardin d’enfants au moment où des enfants se trouvent à cet endroit, en raison du risque important créé dans un lieu où circulent des usagers particulièrement vulnérables (piétons, cyclistes; ATF 121 II 127 consid. 4a p. 132; arrêt 6B_282/2009 du 14 décembre 2009 consid. 2.1).“

Zwei Zeugen bezichtigen den Beschwerdeführer in einer Begegnungszone mit „weit mehr als 20km/h zu schnell“ gefahren zu sein. Unabhängig von den schematisch beurteilten Geschwindigkeitsüberschreitungen kann eine grobe Verkehrsregelverletzung auch anhand anderer objektiver Umstände vorliegen. Vorliegend fuhr der Lenker in einer Begegnungszone, Menschen auf beiden Strassenseiten, schlechte Sicht und Schulferien (Kinder!). Er verhält sich grobfahrlässig, wenn er zu schnell fährt. Die Beschwerde wird abgewiesen.

 

BGE 6B_532/2016: Zuständigkeit für die Anordnung von Blutentnahmen, StPO

„Für die zwangsweise Anordnung der Blutentnahme ist nach Art. 198 Abs. 1 lit. a StPO die Staatsanwaltschaft zuständig. Eine solche Anordnung kann gemäss Art. 241 Abs. 1 StPO auch zunächst mündlich, mithin telefonisch durch den Pikettstaatsanwalt erfolgen (FAHRNI/HEIMGARTNER, in: Basler Kommentar, Strassenverkehrsgesetz, 2014, N. 26 zu Art. 55 SVG).“

Die Polizei hat ohne Rücksprache mit der Stawa eine Blutentnahme durchgeführt und behauptet, der Beschwerdeführer habe sein Einverständnis unterschriftlich bestätigt. Dem war aber nicht so. Das Resultat der Blutentnahme war nicht verwertbar als Beweis. Die Beschwerde wird gutgeheissen.